Nichts für Luschen: Killing Joke im Luxor

killingjoke101002_0094_250Auf der linken Seite der Bühne ein scheinbar unbeteiligter Geordie, der sich nur schrittweise von vorne nach hinten und zurück bewegt und dabei locker aus seinem Handgelenk Gitarrenwände schüttelt. Rechts Youth, der seinem Bass wummernde Klänge entlockt sowie ab und an etwas ins Mikro brummelt. Und im Hintergrund Paul Ferguson, der dem musikalischen Treiben der beiden anderen einen rhythmisch-soliden und mächtigen Unterbau serviert. So weit, so gut.

Doch ein Killing-Joke-Konzert wird erst zu einem richtigen Killing-Joke-Konzert, wenn inmitten der bewegungsarmen Protagonisten eine manisch und bizarr wirkende Erscheinung seine Texte irgendwo zwischen Zerstörung, politischem Irrsinn und Endzeitvisionen dem ausrastenden Publikum brachial entgegenschreit.

killingjoke101002_0197_250Und dieser Mann fürs inhaltlich Wüste ist Jaz Coleman, der zusammen mit seinen Kollegen aus den Anfangstagen der Band, die sich nach 28-jähriger Abstinenz nun wieder gemeinsam auf die Bühne wagen, das 13. Studioalbum „Absolute Dissent“ am 2. Oktober im ausverkauften Kölner Luxor hinausbläst.

Ein Dämon schreit seinen Zorn hinaus

Im dunklen Overall und mit Gesichtsbemalung, wie man es von seinen Auftritten kennt, zittert, stakst, schreitet Coleman, während das Mikrofon in seiner Hand zur Waffe wird: Mit röhrender, schmetternder, ja oft überschnappender Stimme schreit er seinen Zorn auf Ungerechtigkeit, soziale und politische Missstände und globale Verfehlungen hinaus. Mit weit aufgerissenen Augen, ausufernder Gestik und wilder Mimik unterstreicht er fast schon dämonisch seine harschen Thesen und Meinungen. Kein Sänger wie andere, vielmehr jemand, der seinen lautstarken Protest in Liedform packt. Ein bizarrer Magier der Worte über den humanen Irrwitz.

killingjoke101002_0055_250Den größten Teil des  Konzertes machen  die Songs des neuen Albums aus: Titel wie „In Exelsis“ oder „European Super State“ sind für Killing-Joke-Verhältnisse der melodiösen Schiene zuzuordnen. „This World Hell“, „The Great Cull“ oder „Depthcharge“  knurren einem schon beträchtlich durch Mark und Bein. Ebenso wie „The Wait“ oder „Wardance“ vom Debütalbum – kein Wunder, dass ob solcher nicht zimperlichen Werke viele moderne Industrialbands die Musik Killing Jokes als maßgeblichen Einfluss bezeichnen.

Songs aus ihren etwas keyboardlastigeren und damit eingängigeren Alben wie „Firedances“, „Night Time“, und „Brighter Than A Thousand Suns“ klammern Killing Joke komplett aus. Damit wird der mit knapp 80 Minuten doch eher kurze Auftritt zu einem musikalischen Parforceritt für abgehärtete Liebhaber der härteren Gangart. Was aber fast Niemanden im Publikum daran hindert, sich nicht vollkommen zu verausgaben. (Fotos: Helmut Löwe)

Zu den Fotos vom Konzert

Interview mit Jaz Coleman (Teil 1): von Zahnbürsten im Hintern

Interview mit Jaz Coleman (Teil 2): warum Amerika Scheiße ist

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