Beady Eye wühlen in der 60er-Jahre-Schatzkiste

beadyeye02_250x165Retro, Retro – heutzutage ein gerne benutzter, oft schon abgenutzter Begriff, der Althergebrachtes und den Zeitgeschmack frühere Dekaden zu einem topaktuellen Stil stilisiert. Dabei ist es doch gar nicht notwendig, den Begriff Retro unnötig auszuleiern – vor allem nicht in der Musik, denn wie oft hört man in brandneuen Songs Versatzstücke 30, 40 Jahre alter oder noch älterer Werke, die trotzdem aktuell und gut, gelungen klingen. Im Falle von den Oasis-Nachfolgern Beady Eye und ihrem Debütalbum bleibt es wohl auch nicht aus, dass Retro seine Verwendung findet. Und diesmal nicht zu unrecht, denn schließlich tun Liam Gallagher und seine Kollegen alles dafür, alte Zeiten wieder aufleben zu lassen. „Different Gear, still speeding“ klingt wie eine geballte Hommage an die Musik der späten 60er Jahre.

beady-eye_cover_180Das Quartett hat tief in der Schatzkiste der „Swinging Sixties“ gewühlt. Nicht nur musikalisch, auch optisch: Seien es die Promofotos, die wie ein Standbild aus dem Kultfilm „Blow up“ wirken, oder die Aufmachung der CD. Cover und Booklet in Pastelltönen scheinen direkt aus vergangener Zeit importiert. Aber warum sollte das Drumherum um die 45 Musikminuten zeitlich hinter den Klängen hinterherhinken? Denn die 13 Titel klingen so, als wenn man mitten in die Ära des Rock’n’Roll, Beat und Rock der Beatles, Rolling Stones, Kinks oder The Who hineinkatapultiert worden wäre. Und noch einer ganzen Menge anderer Musiker. Einen Hehl aus den Einflüssen alter Größen macht Liam nicht: „Die Stones waren ein großes Ding für diese Platte. Wir haben sie reichlich gehört“. Außerdem hat der Song „Beatles and Stones“ seinen Namen wohl kaum von irgendwoher.

Eine solide Scheibe

In großen Teilen ist die Huldigung der Musik alter Heroen durchaus gelungen: Beady Eye bringen den Drive, die Klarheit und das Unprätentiöse des damaligen musikalischen Aufbruchs in die moderne Rockmusik gut rüber. Selbst dann, wenn sich viele Songs doch etwas viel nach The Whos „My Generation“ oder „Drive my Car“ der Beatles anhören. Aber wenn sich die vielgelobten Hurts wie nichts Gutes bei Heaven 17 oder OMD bedienen, warum sollten dies gestandene Musiker nicht bei ihren Vorbildern tun? Dennoch ziehen sich einige Längen durch das Album, vor allem zum Ende hin werden die Songs schlapper. Und warum der Gesang auf „The Morning Son“ so dermaßen mit Hall versehen ist, will sich nicht wirklich ergründen lassen. „Different Gear, still speeding“ ist zwar keine Offenbarung musikalischer Kreativität, doch allemal eine solide Scheibe. Auf dem Folgealbum sollten sich Beady Eye aber von ihrer eigenständigeren, einfallsreicheren Seite zeigen. (Bandfoto: Steve Gullick)

Die Songs des Albums gibt es auch live: In Köln treten Beady Eye am 14. März auf; das ursprünglich für die Live Music Hall vorgesehene Konzert wurde ins größere E-Werk verlegt.  In Hamburg steht die Band am 30. Mai in der Grossen Freiheit 36 auf der Bühne.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert