Christmas Ball macht mit Elektrolärm Weihnachtsstimmung den Garaus

Ganz schnell vorbei mit der weihnachtlichen Besinnlichkeit ist es, wenn die Bands aus dem Elektrogenre ihre digitalen Musikinstrumente auspacken und die Verstärker anschalten. Denn dann ertönt rhythmische Electronic Body Music (EBM), knallharter Aggrotech und basslastiger Elektrobeat. Und genau so war es im Theater am Tanzbrunnen, als am 27. Dezember 2011 das Festival „Christmas Ball“ Station machte und in Köln einen Stopp auf seinem Trip durch vier Städte machte.

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Etwa 1.500 Zuschauer aus der schwarzen Szene, ließen sich von Bands wie Front 242, Combichrist und Hocico sechs Stunden lang die Magenwände durch Bassattacken massieren. Die Bandbreite der Elektroklänge – eine Gitarre kam lediglich bei Combichrist zum Einsatz – reichte von minimal über heftig-tanzbar bis hin zu knallhart und wüst.

Mullbinden und Videoanimation

Den Auftakt machte das Berliner Quartett Solitary Experiments. Dessen Future-Pop ist durchaus  für Tanzflächen geeignet, kommt allerdings eingängig-eintönig daher und wagt – anders als es der Name verlauten lässt – keine großen Experimente musikalischer Art. Deutlich schräger The Klinik aus Belgien, die ihre ersten Gehversuche in Sachen Elektro zu Beginn der 1980er Jahre machten. Sehr spärliches Licht, dunkle Bühne und dunkle Mäntel – so kamen die oftmals verstörenden Videoanimationen als Untermalung des Minimalelektro vehement zur Geltung. Da passten die in Mullbinden eigehüllten Gesichter bestens.

Kaum weniger bildlastig der Auftritt der beiden Mexikaner Erk Aicrag und Racso Agroyam, die als Hocico mit brachialen digitalen Sounds lautstark angriffen. Während im Hintergrund Flagellanten ihre Rücken malträtierten und Strichzeichnungshunde bösartig kläfften, kombinierte Aicrag optisch und gesanglich Apokalyptisches: sein Look im Stile eines Endzeitkriegers aus Bartertown begleitete optimal den verzerrten Gesang.

Eingetaucht in Nebelschwaden

Auf videolastige Sperenzchen verzichteten Combichrist, ließen lediglich ihren Schriftzug an der Bühnenrückwand leuchten. Dafür ackerten Sänger Andy LaPlegua und seine vier Mitstreiter umso mehr: LaPlegua, der daherkam wie eine Mischung aus Freddy Krueger, Nik Fiend und einem Zombie, tigerte nahezu ohne Unterlass von rechts nach links, während Drummer und Perkussionist maschinengleich und heftigst ihre Instrumente malträtierten.

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Den Abschluss machten die „Dinosaurier“ des EBM, wie Front 242 gerne mal genannt werden. Schließlich sind die Belgier, mit einer Unterbrechung in den 90ern, seit 1981 in Sachen Elektro unterwegs. Inmitten des gleißend hellen und blendenden Lichtgewitters und immer wieder ins Publikum wabernden Bühnennebels  waren Gründungsmitglied Daniel B. und seine Kumpels optisch zwar nur schwer auszumachen, dafür aber bestens zu hören. Dass Front 242 zu den etabliertesten Bands des Elektro gehören, machten die Fans deutlich, die die „Dinosaurier“ mit dem stärksten Applaus des Abends bedachten. (Fotos: Helmut Löwe)

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