Wunderschönes Fährmannsfest, fabelhaftes Publikum und kunterbuntes Punkspektakel

Punk ist rauh, dreckig, gemein, sozialkritisch und nichts zum Lachen! So mag der eine oder andere vielleicht über  die meist simplifizierte Art von Musik denken. Ha – getäuscht: Punk kann auch kunterbunt sein, voll von Konfetti, Luftschlangen und ganz schön viel Lämpchen- und Glitzerbrimborium. Zumindest wenn The Adicts auf der Bühne stehen!. Und das taten die Briten als Headliner am Samstagabend auf der Musikbühne des Fährmannsfestes 2015 in Hannover-Linden. Old-School-Punk mit wenigen Akkorden und immer feste druff, dazu ein farbenfrohes Showerlebnis, als wenn ein US-Popstar à la Katy Perry die Bühne geentert hätte.

Fotos: Fährmannsfest am Freitag | Fährmannsfest am Samstag

Schon erstaunlich anzusehen, was Sänger Keith „Monkey“ Warren und seine Droogs – die Musiker waren im Outfit der Kumpels von Alex aus dem Buch „Clockwork Orange“ von Anthony Burgess (verfilmt von Stanley Kubrick) gekleidet – auf die Bühne brachten. Mittendrin Frontmann Monkey, geschminkt und gekleidet als Joker, farbenfroh, Luftschlangen und Konfetti um sich schießend und werfend. Zum Ende hin flogen überdimensionale Wasserbälle in Regenbogenfarben über die Köpfe der Zuschauer. Tja – so hatte man die anwesende Meute doch ganz gut in der Hand, heimste reichlich Beifall ein. Leider aber ein schnelles Ende, zugabenfrei; Monkey war – davon war während des Konzertes nichts zu merken – nicht gut drauf an dem Abend. Schon im Interview zuvor zeigte sich der Sänger leicht maulfaul und griesgrämig. Egal, solch ein wahnwitziges Spektakel tat dem Fährmannsfest als Samstagshighlight gut – profaner Punk hin oder her.

„Das wunderschönste Festival“

Zuvor schon waren Landsleute der Adicts zugange, ein Tag der Engländer offensichtlich. Die Folksparte beackterten Young Rebel Set in der rockigeren Variante, Rob Lynch eher in der ruhigeren Version. Lynch war ob der Örtlichkeit, ob der Begeisterungsfähigkeit der Besucher und der Entspanntheit des gesamten Drumherums sichtlicht begeistert: „Das ist das wunderschönste Festival, auf dem ich je aufgetreten bin“. Ach Lynch, das erzählst du doch sicherlich jedem Publikum… Aber egal, ob nur freundlich dahergeplappert oder aus tiefstem Herzen heraus, wo er Recht hatte, hatte er Recht. Deichkind waren auch noch da – ach nee, quatsch, das war ja Knallfrosch Elektro. Die Ostfriesen zeigten, so wie ihre „großen Hamburger Brüder“, eine muntere Mischung aus Rap, Rock, Elektro, Funk. Da ging es aber rund am Ufer von Ihme und Leine, und mittendrin ein knallgrüner Fellfrosch.

Nicht knallbunt, nicht kunterbunt, nicht mit munterer Musikmischung zeigten sich am Freitagabend Triggerfinger. Das Belgische Trio widmete sich aber ganz gehörig dem erdigen Rock, dem Blues, ließt immer mal wieder psychedelisch anmutende Momente in Form ausufernder Gitarrensoli zu. Da war das ganz bekannte Lykke-Li-Cover „I Follow Rivers” aber ganz schön weit weg. Ach ja, schick sahen sie in ihren Anzügen aus, Sänger und Gitarrist Ruben Block, Bassist Paul Van Bruystegem und Drummer Mario Goossens. Und höflich waren sie, egal ob Instrumente schwer beansprucht und gequält wurden oder nicht: „Meine Damen und Herren, sie sind wirklich fabelhaft“, lobte Block die Zuschauer, während er und seine Mitmusiker sich den Arsch abrockten.Ein ausgesprochen guter Auftritt unterm Fährmannfestbanner.

Heimspiel für Hannoveraner Hardrocker

Ein bisschen was von der Grünen Insel holten Mr. Irish Bastard in die Landeshauptstadt Niedersachsens – und dass, ohne selbst aus Irland zu kommen. Irish-Folk-Rock geht auch, wenn man aus Münster kommt. Gitarre, Bass, Schlagzeug, Akkordeon, Mandoline, Tin Whistle, alle instrumentalen Ingredienzien für gute Stimmung waren vorhanden. Und kaum dass die ersten Klänge übers Gelände schallten, war es voll vor der Bühne, ungehemmtes Pogen setzte ein. Ein wenig vom „Original“, den Pogues, gab es dann auch noch: „Streams of Whiskey“ intonierten die Sieben. Ströme von Whiskey flossen zwar nicht auf dem Gelände, dafür gab es Gilde-Pils bis zum Abwinken. Das Abwinken verpennt hatte anscheinend der junge Mann, der kurz aus seinem Schlaf erwachte, ruhig nach Rechts erbrach und gleich darauf weiterschlief.

Ein richtiges Heimspiel machten Motorblock: Die Hannoveraner hatten genau solche Musik im Gepäck, welche die Fans von AC/DC, Motörhead & Co. satt und bestens bediente. „Zahnlos, lautlos, kopflos“, sang Henry Chadde – damit hatte der Auftritt Motorblocks aber rein gar nichts zu tun; deftiger Hardrock mit Druck und Schmackes kam aus den Lautsprechern. Wer nicht ganz so viel für heftigere Musik übrig hatte, machte einen Abstecher zur Kulturbühne. Dort hatte auch der Poetry-Slam Platz zwischen ungewohnteren Klängen.

Fotos: Fährmannsfest am Freitag | Fährmannsfest am Samstag

Musik aber war mal wieder nicht alles: Bierpilze und alternative Speisen gab es in Hülle und Fülle: Von Pizza über Bratwurst bis hin zu afrikanischen Speisen, Falafel und veganer Currywurst war so ziemlich alles vertreten, was sich der Esser außerhalb der Gourmetwelt so vorstellen konnte. Kinder hatten am und im Märchenzelt oder an Spielgeräten ihren Spaß, politisch orientierte Besucher konnten sich in Diskussionen mit linken und alternativen Parteien ereifern. Das Fährmannsfest vom 31. Juli bis 2. August 2015 war mal wieder eine sehr entspannende und erbauende Festivität – ein Nachbarschaftsfest in ganz groß!

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