Protomartyr live: Postpunk mit Händen in den Hosentaschen

Protomartyr machen Musik, die sich verdammt britisch anhört: Postpunk, Indierock, noisig, garagig, wavig – und das ganz rauh und schroff. So, als wenn das Quartett irgendwoher aus einer nordenglischen, mittlerweiler abgewirtschafteten Industriestadt kommt. Das tun Protomartyr aber gar nicht: die Truppe kommt aus Amerika. Aus Detroit, genauer gesagt. Und abgerockt, die besten Zeiten hinter sich habend, verzweifelt nach neuem Glanz suchend ist diese Industriemetropole ja auch. Das merkt man dem Sound Protomartyrs einfach an. Auch im Kölner MTC, wo Sänger Joe Casey und seine Kumpels am 16. November 2015 ihr aktuelles Album „The Agent Intellect“ vorstellten.

Die Bühnenperformance Caseys widersprach deutlich dem ungeschliffenen Klang der Songs, widersprach dem bissigen Herausbellen seiner Texte: Irgendwie schien Casey nicht ganz bei der Sache, hielt sich am Mikro und seiner Kaffeetasse fest, schaute immer wieder auf die am Boden festgetackerte Setlist, hatte sehr, sehr oft seine Hände in den Hosentaschen. Ungewohnt, durchaus – hatte er so doch weniger etwas vom Sänger einer Rockband denn vielmehr etwas vom Poeten, der seine Lyrik untermalt von ungeschliffener Musik aus dem Munde schleudert.

Greg Ahee an der Gitarre, Scott Davidson am Bass und Alex Leonard am Schlagzeug gehen nun auch nicht gerade als Performer und Poser par excellence durch, doch warum sollten Musiker, die einen groben Klangteppich weben, ihrem Sänger die passende Musik für seine Texte liefern dies auch tun? Fett genug für die Ohren der etwa 50 Zuhörer war’s allemal – gut obendrein für jemanden, der genau solche alternativen Rocksounds goutiert. Lange aber hielten sie nicht an, die lyrischen Baritonergüsse Caseys und die barsch-melodischen Kompositionen Ahees, Davidsons und Leonards: nach 50 Minuten war Schluss im Kölner Keller. (Fotos: Helmut Löwe)

Setlist:

– Cowards Starve
– I Forgive You
– Pontiac 87
– Dope Cloud
– Scum, rise!
– Pagans
– French Poet
– The Devil in his Youth
– Boyce or Boice
– What the Wall said
– The Hermit
– Clandestine Time
– Feral Cats
– Why does it shake?
– I’ll take that Applause
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– Zugabe (unbekannt)

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