Mark Burgess von Chameleons Vox am Mikrofon

Chameleons Vox und das Konzert der sentimentalen Dinge

Irgendwie ist es ja schon blöd, wenn Chameleons Vox einmal mehr eine „Script-of-the-Bridge“-Tour ankündigen, wenn die Veranstalter damit hausieren gehen, dass die Verwalter des ganz großen Chameleons-Erbes der 80er Jahre um deren Sänger und Bassisten Mak Burgess das gesamte Album komplett durchspielen werden – und dies nicht zutrifft. So wie auch im Kölner Luxor, wo Chameleons Vox am 15. April 2016 einen Tourstopp einlegten. Mal wieder nix mit dem Debütalbum der melancholisch-außergewöhnlich guten Post-Punk-Heroen, die seit 2002 nicht mehr als Band existieren, dennoch in Songs von Künstlern wie den Editors oder Interpol, welche The Chameleons als maßgeblichen Einfluss nennen, weiterleben.

Publikum im Konzert von Chameleons Vox

Nun, gut, wenn man sich an jenem Abend mit der Tatsache abgefunden hatte, „Script of the Bridge“ mal wieder nicht in Gänze live hören zu können, musste man allerdings recht schnell zugeben, dass der Auftritt in der schummrigen Location an der Luxemburger Straße ein sehr, sehr guter war. Ein schöner sentimentaler außerdem. Mit „Don’t fall“ hatten Burgess und seine musikalischen Begleiter, die beiden Gitarristen Neil Dwerryhouse und Chris Oliver sowie Schlagzeuger Yves Altana, taktisch geschickt eine der großen Hymnen der Chameleons als Opener des Konzertes herausgepickt.

Konzertfotos: Chameleons Vox 2016 im Kölner Luxor

Bei so etwas konnte kaum noch etwas schiefgehen, das Quartett hatte das Publikum ruckzuck auf seiner Seite. Da machte es gar nichts aus, dass Burgess den Mixer darauf hinweisen musste, mal ein bisschen am Schlagzeugsound zu fummeln, weil Altana „gar nichts hören kann“. O.k. – Problem erkannt, Problem gebannt. Als Zuhörer hätte man davon auch eh gar nichts gemerkt. Trotz all der Melancholie in den Songs, welche in einem fürs Luxor ungewohnt guten Klang daherkamen, zeigte Burgess ziemlich viel gute Laune in Form von Lächeln und Grinsen. Wie, das passt nicht zusammen? Doch, an diesem Konzertabend stimmte das Gesamtbild passgenau.

Songs mit Seltenheitswert

Neil Dwerryhouse, Gitarrist von Chameleons Vox

Wer meinte, den ein oder anderen Moment einer Coverversion herausgehört zu haben, lag richtig: „Eleanor Rigby“ der Beatles mischte sich hinein in „Soul in Isolation“, „White Riot“ von The Clash und „Transmission“ von Joy Division erkannte der aufmerksame Zuhörer während „Singing Rule Britannia (While The Walls Close In)“ wieder. Den kurzen Moment von Joy Division hatte Burgess ja quasi zuvor angekündigt: „This Music is made in Manchester, England“, spielte er auf die gemeinsame geographische Herkunft der Chameleons und der Band um Ian Curtis an.

Unter das Songmaterial mischten sich – wohl zur Freude der meisten Anwesenden – Lieder, die eher sehr selten auf der Setlist der Band zu finden sind: „Dali’s Picture“ sowie das ziemlich poppig angehauchte „Denims and Curls“, welches nach kurzer Absprache als Zugabe nach der Zugabe ungeplant eingeschoben wurde. Bei so etwas konnte man nach 95 Minuten sehr guten Konzertes auf „Script of the Bridge“ in all seiner Gesamtheit verzichten – die Laune wäre nicht besser gewesen. (Fotos: Helmut Löwe)

www.facebook.com/Chameleonsvox

Setlist

– Don’t fall
– Monkeyland
– Pleasure And Pain
– Looking Inwardly
– Perfume Garden
– Thursday’s Child
– Dangerous Land
– One Flesh
– Soul in Isolation
– Mad Jack
– Second Skin
– Singing Rule Britannia (While the Walls Close In)
———
– Swamp Thing
– Dali’s Picture
– Nostalgia
———
– Denims and Curls

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