Tarja - In the Raw

Tarjas „In the Raw“ ist ungeschminkte Rock-Metal-Klassik-Klasse

Tarja Turunen als eine Ikone des Symphonic-Metals zu bezeichnen, ist in keiner Weise gelogen. Hat sie doch mit Nightwish einst diesem Genre des Heavy Metals, das die Härte des Metals mit der Opulenz der Klassik verbindet, zu großer Reputation verholfen. Nach ihrer Trennung von den finnischen Symphonic-Metallern ist Tarja auf ihre Solokarriere fokussiert. Und verhilft dieser mit ihrem fünften Album aus dem Rockmetier „In the Raw“ zu weiterem Schwung.

Nachdem die Sopranistin zuletzt mit ihrem Weihnachtsalbum „From Spirits and Ghosts (Score for a dark Christmas)“ den ein oder anderen Kritiker und Fan verwunderte, sogar Unmutsbekundungen verursachte, packt sie nun sehr hochwertige Geschenke aus. Geschenke in Form von Liedmaterial, welches sie von ihrer wuchtigen Seite zeigt. Von ungeschminkt metallisch-rockiger Seite, die sie einmal mehr sehr gekonnt mit Gesangs- und Komponierkunst klassischer Machart vesetzt.

Kontrast, der passt

„Dead Promises“ verhilft unter der Beteiligung von Björn Strid, dem Soilwork-Shouter, dem Album zu einem wuchtigen metallischen Einstig. Rohe Gitarrenriffs mit Metalcoreattitüde und sattes Drumming bilden den Grundstock für das Gesangsduett von Tarja und Björn. Deren Stimmen kontrastieren zwar auf der einen Seite – glasklarer Sopran und Screams sowie Growls liegen weit auseinander -, können dennoch auffällig gut miteinander.

Auf „Goodbye Stranger“ hat Tarja ebenfalls gesangliche Hilfe – von Lacuna-Coil-Sängerin Cristina Scabbia. Auch dieses Duett liegt auf einer eher metallischen Basis, die allerdings durch melodische Parts mehr Eingängigkeit bekommt. Einen Spagat zwischen Chartambitionen profanerer Art und ausgefuchstem Symphonic-Metal macht „Tears in Rain“: Just in jenem Moment des Hörens, in dem man meint, dass der Song dann doch etwas zu schlicht ist drehen Tarja und Musiker bei, lassen den Wind wieder kräftig in die Segel blasen.

Schmankerl für Symphonic-Metal-Gourmets

Wesentlich seichter dagegen wird es dann aber doch auf „Railroads“. Kann man so machen, muss man aber nicht. DieBallade „You and I“ wird alleine getragen von der Stimme Tarjas, welche hier durch orchestrale Streicherbegleitung unterstützt wird. „The Golden Chamber“ mit seinen drei Teilen „Awaken“, „Loputon Yö“ (endlose Nacht; d. Red.) und „Alchemy“ erweckt ganz stark den Eindruck einer Filmmusik. Flöge Nils Holgersson auf den Wildgänsen über die Weiten skandinavischer Natur, so wäre dies die sehr stimmige akustische Untermalung.

Die große Dynamik, die variable Instrumentierung, die abrupten Tempiwechsel verleihen „Spirits of the Sea“ die Bestandteile eines dramatischen Rocktitels. Noch eine Nummer weiter geht Silent Masquerade“, das sich in großem Stile orchestraler Elemente bedient – ein Schmankerl für Symphonic-Metal-Gourmets. Und dort, wo „Silent Masquerade“ aufhört, dort macht „Shadow Play“ weiter. Der Abschluss von „In the Raw“ fährt all das auf, was eine meisterhafte Fusion von Heavy Metal, Rockmusik und bombastisch-klassischen Orchesterwerken ausmacht. Von einigen Abzügen in der B-Note abgesehen ist Tarja Turunen mit „In the Raw“ ein starkes Album mit großer Klasse gelungen. (Fotos Tarja; oben: Helmut Löwe; unten: Tim Tronckoe)

„In the Raw“ von Tarja Turunen hat mit zehn Songs eine Laufzeit von 56:59 Minuten. Das Album erscheint am 30. August bei Ear Music und wird von Edel Germany vertrieben.

Anspieltipps: Dead Promises, Goodbye Stranger, Serene, Shadow Play

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