Deep Purple machen’s wie im Roman: der Höhepunkt zum Schluss

Ihrer Feder entstammt das wohl bekannteste Riff der Rockhistorie: Deep Purple schufen mit „Smoke on the Water“ 1972 einen Song, der dank seines  einprägsamen Gitarrenlaufs wohl nahezu jedem Musikfan ein Begriff ist. Bei den gut 8.000 Fans der Band, die am 15. November das Konzert Deep Purples in der Kölner Lanxess-Arena verfolgen, ist dies nicht anders: als Gitarrist Steve Morse gegen 22:40 Uhr in die Saiten haut , starten Hunderte ihr Luftgitarrenspiel, gröhlen tausende Kehlen den Refrain mit. Ganz klar der Höhepunkt des Donnerstagabends, an dem Sänger Ian Gillan, Drummer Ian Paice, Bassist Roger Glover, Organist Don Airey und Morse einen eindreiviertelstündigen musikalischen Einblick in die Geschichte des Rock gewähren.

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1968 gründeten Deep Purple sich, aus dem gleichen Jahr stammt ihr Debütalbum mit dem bekannten Hit „Hush“. Lange, sehr lange also schon sind die Musiker im Musikbusiness unterwegs. Die frischesten sind sie also nicht mehr, wenn auch der abgenudelte Begriff der Rockdinosaurier oder Rockopas, der gerne hin und wieder in den Medien kolportiert wird, nun wirklich nicht zutrifft. Steht doch außer der aktuellen Tour die Arbeit an einem neuen Album an, ja sogar das weltgrößte Metalfestival, das Wacken-Open-Air, haben die fünf Musiker in ihrem Kalender für August 2013.

Soli bis zum Abwinken

Nichtsdestotrotz wird deutlich, dass ein 67-Jähriger Gillan auch älter geworden ist – und das merkt man ihm an diesem Abend an.  Denn nicht immer sitzt sein Gesang so, wie man es sich wünscht, oft genug gibt es elektronische Hilfe, wie man bei „Perfect Strangers“ deutlich hört. Solange er sich in niedrigeren Tonlagen bewegt, sitzt alles, so wie zum Beispiel bei „Black Night“. Wenn er sich allerdings in stimmliche Höhe winden will, scheitert dies oft genug. Wie gut also, dass die Band auch diesmal auf „Child in Time“ verzichtet. Die hohen, spitzen Schreie, klares Erkennungszeichen dieses Zehn-Minuten-Titels, sind nicht mehr Gillans Welt.

Gut, dass die Songs Deep Purples sehr viele, ausufernde instrumentale Passagen besitzen, die des Sängers Erholung sind.  Und jene langen Instrumentalteile nutzen Gillans Kollegen, allen voran Morse, reichlich aus, ihre Fingerfertigkeit unter Beweis zu stellen. Wer auf Gitarrensoli steht, wird an diesem Abend reichlich und vom Feinsten eingedeckt; Morse steht ein ums andere Mal im Rampenlicht. Manchmal hat man das Gefühl, dass der mit 58 Jahren jüngste Bühnenprotagonist zusammen mit seiner Gitarre das Konzert zu großen Teilen alleine schmeißt. Doch nicht nur Morse, auch Glover zeigt bei einem knapp dreiminütigen Solo am Bass, dass ihm an den vier Saiten keiner etwas vormachen kann. Was er spielt, ist nicht nur ziemlich gut, lässt den Arenaboden vibrieren, sondern auch ziemlich außergewöhnlich: Soli mit dem Bass sind heutzutage selten, ganz selten nur noch Bestandteil eines Konzerts.

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Wenn’s am schönsten ist, soll man gehen

Allerdings ist zu diesem erbaulichen Zeitpunkt der Auftritt schon fast vorüber, nur noch „Black Night“ steht auf der Setlist. Gerade jetzt hätte man sich wirklich mehr Deep Purple gewünscht, denn erst zum Ende des Auftritts hin wird die Stimmung unter den Zuschauern so richtig gut, die Besucher sind warm und eins mit den großen Songs geworden: auch auf den Rängen, wo sonst eher wohlwollendes Fußwippen angesagt ist, tanzt man, reckt die Hände rockergleich gen Hallendach. Und wird sich seines fortgeschrittenen Alters, um und zum Teil weit über die 60 hinaus, nicht bewusst, fühlt sich, als hätte man „Deep Purple In Rock“ oder „Machine Head“ gleich nach Veröffentlichung erstmals auf den Plattenteller gelegt. Deep-Purple-Fans geht es da auch nicht anders als der Band: sie werden nicht jünger. (Fotos: Helmut Löwe)

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