Das Menetekel des Beschisses an Bandkollegen lag noch nicht über dem Abend, an dem Ghost das erste ihrer Deutschlandkonzerte der „Popestar“-Tour 2017 gaben. Frontmann Papa Emeritus III. und seine Mitmusiker, die namenlosen Ghuls, rockten munter drauflos im ausverkauften E-Werk. 2.000 Fans huldigten dem obskur-blasphemischen Treiben irgendwo zwischen Himmel, Hölle und Hardrockmusik mit Popverbrämung – warum der Stil von Ghost immer mal wieder mit dem Genre Doom in Verbindung gebracht wird, will sich nicht wirklich erschließen. Der Rechtsstreit zwischen ehemaligen Bandmitgliedern und Sänger, in dem es um Einnahmen und Bandausrichtung geht, ploppte im Newsstream der Zuhörer erst tags drauf auf. Also alles Friede, Freude, Eierkuchen am 5. April.
Konzertfotos: Ghost am 5. April 2017 im Kölner E-Werk
Wie gut, dass das fiese bandinterne Tohuwabohu nicht in den Köpfen schwirrte, hatten die Schweden doch eine sehr gute anderthalbstündige Hardrockunterhaltung parat, die der Zuschauer ohne jeden negativen Hintergedanken an böse Nepper oder gute Mitarbeiter konsumieren konnte. Vor den Kulissen spielte das Nennen von Mann und Maus, von Namen und Personen, die sich hinter Bemalung und Masken verbergen, ja eh keine Rolle. Papa Emeritus III. war Papa Emeritus III., die fünf namenlosen Ghuls waren die fünf namenlosen Ghuls – jeder der sechs unkenntlichen Bühnenprotagonisten machte seine Sache sehr gut. Sehr gut im Dunstkreis zwischen ein bisschen gruselig, ein bisschen satanisch, ein bisschen heilig, ein bisschen humorig und sehr unterhaltsam.
Hinter der Maske des Schaurig-Bösen
Im Bühnenhintergrund saßen Heilige, Höllengestalten und Beelzebub über dem durch viel Nebel oft verhüllten und vermeintlich schaurigen Bühnentreiben. Ein in Habit und Mitra gekleideter und totenbleicher Prediger des Rocks schritt, fünf dunkle Gestalten musizierten posend. Und zwei Schwestern des Heiligen Stuhls – oder vielmehr die Schwestern der Sünde -, von Papa Emeritus III. als „beautiful Fräuleins“ bezeichnet, legten einen kurzen Stopp im Bühnengraben ein. Klangtechnisch alles untermalt von den Songs Ghosts, die irgendwo zwischen Hardrock mit Metalanspruch und profanem Poprock pendeln, nichtsdestotrotz gekonnt umgesetzt.
Wer Ghost wegen ihres Bühnenoutfits, ihres gesamten Konzeptes der Düsternis und heiligen Schrecklichkeit gar in die Black-Metal-Schublade wirft, lässt die Ironie, den Humor der Band ganz und gaz außer Acht. Oder hat sie nicht verstanden. Denn gruselig ist das Konzert Ghost lediglich auf den allerersten Blick – hinter der Maske des Schaurig-Bösen verbirgt sich ein ausgekügeltes Showkonzept mit musikalischer Sachkenntnis. Kollegen Ghosts haben ja Ähnliches in petto: bei Lordi oder Gwar spielen die Protagonisten hinter den Masken ihre Showrollen gut, beherrschen ihre Instrumente mindestens ebenso gut, wie ihre Musikerkollegen, die als „echte Menschen“ auf der Bühne stehen. Und Steel Panther kriegen dasselbe hin, ohne sich hinter Masken zu verbergen. Das Verquicken von schräg-humoristischem Showspektakel und handwerklich exzellenter Musik steht da halt einfach mal im Vordergrund.
Konzertfotos: Ghost am 5. April 2017 im Kölner E-Werk
Zwischenzeitlich hatte Papa Emeritus III. Habit und Mitra abgelegt – wandelte als jokergleicher Gespensterentertainer weißbehandschuht über die Bühne, trieb den Spukspaß auf die Spitze. Oder sollte man Flitterregen, Kusshände, Plaudereien über „fucking Schnitzels“ und den weiblichen Orgasmus etwa als tiefschürfende Rockweisheit auffassen? Wohl kaum! Als zum Ende des Konzertes von Ghost die letzten Klänge von „Monstrance Clock“ verstummt waren, dann hatte man als Zuschauer eine äußerst gelungene Hardrockunterhaltung mit allem Pipapo erlebt. (Fotos: Helmut Löwe)