Alter Bridge mit Leckerbissen und Lagerfeuerromantik

Von den Klischees eines wilden Rockers ist Mark Tremonti weit entfernt. Mit Sex & Drugs hat er nichts am Hut, der Gitarrist von Alter Bridge liest lieber, widmet sich seiner Familie, spielt mit seinen beiden Kindern. Wüste Partys hinter der Bühne sind ebenso nicht sein Ding, auch nicht in Düsseldorf, wo Tremonti zusammen mit Sänger Myles Kennedy, Bassist Brian Marshall und Schlagzeuger Scott Phillips am 4. November vor etwa 4.500 Fans in der Mitsubishi Electric Halle einen Stopp auf ihrer „Fortress-Tour“ einlegte.

Fotos vom Konzert Alter Bridges

„Stinknormale Typen“ geben Vollgas

Bei so viel Normalität verwundert es nicht, dass die Flasche Jack Daniels im ordentlichen und aufgeräumten Backstagebereich kaum angebrochen ist, eher wie ein Alibi einer Rockband wirkt. „Wir sind halt ganz stinknormale Typen“, zuckt Tremonti im Gespräch kurz vor dem Auftritt die Schultern. Die Vorbereitung auf den Auftritt ist bei Alter Bridge eben recht profan: Essen, ein wenig auf den Instrumenten klimpern, plaudern, rumsitzen – viel braucht es nicht, um das Quartett bühnenfit zu machen. „Mir reicht es schon, wenn ich die Fans johlen, schreien höre, wenn ich mitbekomme, wie die Stimmung und Energie in der Halle steigt und steigt“, fasst Tremonti seine Motivation für einen Auftritt zusammen, der für ihn stets mit Vollgas verbunden ist.

Und Vollgas geben er und seine drei Kumpels auch diesmal, von Anfang an, wenn der Opener „Addicted to Pain“ lautstark durch die Halle donnert. Der Song vom Album Fortress, vom Musikmagazin Metal Hammer nach Erscheinen zum Album der Woche erhoben, geht verdammt gut als richtig fetter Metalbrecher durch. Ideal, um das Publikum sofort unter Strom zu setzen, einen Energieschub loszulassen, weiß Tremonti. Doch von einem Dauerfeuer dieser Art sind Alter Bridge weit entfernt: Die US-Amerikaner spielen auch in Düsseldorf gekonnt die Klaviatur der härteren Musik irgendwo zwischen deftiger Ballade, Songs mit Stadionrockattitüde und metallisch angehauchten Hardrockern, die durch Mark und Bein gehen. Die Setlist spiegelt genau Jenes wider, hat viel Dynamik zwischen schnell und langsam – „ein ständiges Auf und Ab“, wie es Tremonti nennt.

Musikalische Leckerbissen und Lagerfeuerromantik

Kennedy, der seinen Gesang oft durch große Gesten unterstützt, ist in jeder Tonlage, in jeder Lautstärke stimmsicher, sein heller Gesang kontrastiert besonders in den harten Rocktiteln mit dem knalligen Bass Marshalls und Tremontis verzerrtem Gitarrenspiel. Eine sehr gute Figur macht er, als er zur „Folk-Musik-Stunde“ einlädt: das Duett von „Watch over you“ zusammen mit Elizabeth „Lzzy“ Hale, Frontfrau der Vorband Halestorm, präsentiert sich als sehr stimmige Akustikversion, die dem Konzert kurzzeitig zu ein wenig Lagerfeuerromantik verhilft. Dass Kennedy nicht nur ein guter Sänger ist, sondern ebenso versiert an der Gitarre, wird bei seinen gekonnten Soli deutlich. Als musikalischer Leckerbissen erweisen sich diese vor allem dann, wenn er sich mit Tremonti abwechselt, sie sich gegenseitig die Bälle zuwerfen und zweistimmige Gitarrensoli durch die Halle kreischen.

Eine Ablenkung von der sehr guten Musik braucht es nicht, großes Bühnenbrimborium haben Alter Bridge nicht nötig. Ein paar Lichteffekte, großflächig wechselnde Farben im Bühnenhintergrund – den großen akustischen Rest besorgen fähige Musiker und fähige Tontechniker: Sauberer Klang rauscht über die Köpfe der Fans, satte Bässe lassen den Körper der Zuhörer vibrieren. Allein der Gesang Tremontis, der bei „Waters rising“ erstmals die Lead Vocals für Alter Bridge übernimmt, will nicht so ganz zünden. Dabei hat er doch in seiner eigenen Band namens Tremonti bewiesen, dass er’s besser kann. Und er bei diesem Song, so sagt Tremonti, mit „viel weniger Druck und Stress singen kann, als in der eigenen Band“. Na, womöglich lag der Techniker diesmal etwas daneben. Den Fans ist’s egal, sie feiern Alter Bridge knappe eindreiviertel Stunden lang, welche sich nach drei Zugaben mit „Rise Today“ verabschieden. (Fotos: Helmut Löwe)

Fotos vom Konzert Alter Bridges

Setlist

– Addicted to Pain
– White Knuckles
– Come to Life
– Before Tomorrow comes
– I know it hurts
– Cry of Achilles
– Ghost of Days gone by
– Lover
– Ties that bind
– Waters rising
– Broken Wings
– Blackbird
– Watch over you (Duett mit Elizabeth „Lzzy“ Hale)
– Open your Eyes
– Isolation
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– Slip into the Void
– Metalingus
– Rise Today

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