Selig gibt Köln eine Injektion aus den 90er Jahren

Schon um 19:30 Uhr sollte es losgehen, das Konzert von Selig in der Kölner Live Music Hall. Ein bisschen sehr früh – für Fans und Band wohl gleichermaßen. „Was ist nur aus Rock’n’Roll geworden?“ fragt Selig-Sänger Jan Plewka ob des früh angesetzten Beginnes. Die Halle ist noch sehr überschaubar gefüllt, also heißt es, noch einen Moment warten, bevor’s losgeht.  Na gut, eine Viertelstunde später legt die deutsche Antwort auf den US-Grunge der 90er Jahre dann doch los. Und es hat sich wirklich gelohnt, das viertelstündige Warten auf und mit Selig. Denn ab 19:45 Uhr folgt gut über zwei Stunden lang ein tolles Konzert einer gutgelaunten Band vor etwa 1.000 enorm zufriedenen Zuschauern.

Konzertfotos: Selig 2017 in der Kölner Live Music Hall

Dass der Anlass der Tour der Hamburger Band die Veröffentlichung ihres neuen Studioalbums „Kashmir Karma“ ist, wird nur allzu deutlich. Alle, wirklich alle Songs der Platte sind in der Setlist des Konzertabends untergebracht. Und die elf Titel sind so mit Seligklassikern aus „der guten alten Zeit“, aus den 90ern, vermischt, dass man als Zuhörer überhaupt nicht gewahr wird, dass Plewka, Gitarrist Christian Neander, Bassist Leo Schmidthals und Schlagzeuger Stephan „Stoppel“ Eggert mal was Neues, mal was Altes zum Besten geben.

„Das ist so geil!“

Wenn man den Frontmann einer Band als äußeres Zeichen nehmen darf, wie gut die Truppe auf der Bühne drauf ist, dann sind die Selig-Musiker anscheinend komplett aus dem Häuschen. Denn Plewka glänzt in einer Entertainerrolle, ist ständig in Bewegung, wirkt unfassbar aufgedreht. Sogar als Crowdsurfer auf den Armen der Fans in den ersten Reihen versucht er sich. Das, was Frontmann Plewka, was die Musiker dem Publikum geben, das gibt dies den Vier zurück. „Köln, ihr seid geil“ stellt Plewka dann also verdammt zufrieden über die exzellente Aufnahme der Hansestädter in der Domstadt fest.

„Ohne Dich“, quasi eine Blaupause für Seligs Lieder über schwierige Liebesbeziehungen, singen Hunderte Stimmen von Anfang bis zum Ende mit – eine sticht besonders hervor: „Das ist so geil!“, kriegt sich eine Konzertbesucherin aus den hinteren Reihen kaum noch ein vor Begeisterung. Die Injektion aus den 90er Jahren, welche Plewka kurz vor „Bruderlos“ verspricht, hat offensichtlich seine Wirkung getan. Vor allem wohl auch deswegen, weil es am 17. November in der Live Music Hall anscheinend kein „die da auf der Bühne“ und „wir hier im Publikum“ gibt. „Regenbogenleicht“ am Schluss ist dann schon fast ein bisschen wie ein Auftritt von vier Jungs mit einer Gitarre und ganz ohne elektronische Verstärkung in der Schulaula: Alle haben sich lieb und sind selig. (Fotos: Helmut Löwe)

Konzertfotos: Selig 2017 in der Kölner Live Music Hall

Setlist:

– Unsterblich
– Nimm mich so wie Du bist
– Ist es wichtig?
– Zu bequem
– Schau, schau
– Bruderlos
– Alles ist nix
– DJ
– High
– Unterwegs
– Lebenselixier
– Feuer und Wasser
– Von Ewigkeit zu Ewigkeit
– Wintertag
– Lass los
– Wir werden uns wiedersehen
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– Sie hat geschrien
– Wenn ich wollte
– Ohne Dich
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– Kashmir Karma
– Regenbogenleicht