Wer die Ukraine als Musikland lediglich im Zusammenhang mit dem Eurovision Song Contest (ESC) und Ruslana sowie Jamala als dessen Gewinnerinnen verbindet, der sollte seine Meinung zügig revidieren – zumindest als Metaller. Denn mit Jinjer fährt die Ukraine ein schweres Metalcoregeschütz auf. Welches sich als enorm spiel- und konzertfreudig erweist: Zu Anfang des Jahres 2018 erst waren Sängerin Tatiana Shmailyuk, Gitarrist Roman Ibramkhalilov, Bassist Eugene Abdiukhanov und Drummer Vlad Ulasevich als Support von Arch Enemy in Deutschland, drei Monate später standen Jinjer dann schon wieder in der Republik auf der Bühne. Diesmal gab das Quartett den Headliner. So wie am 17. Mai im Kölner Jungle, der als Station auf der „Cloud-Factories“-Tour herhielt.
Die gut 250 Zuhörer in der übersichtlich-quadratischen Halle im Kölner Stadteil Ehrenfeld bekamen eine mit etwa 60 Minuten Dauer zwar eher kurze, aber dafür richtig fette Packung Getöse verpasst. In Sachen Growling stand Tatiana kaum einem männlichen Frontmann um etwas nach – die bösen tiefen Töne brodelten nur so aus der zierlichen Person hervor. Angela Gossow lässt grüßen. Doch mit den kurzen Passagen Klargesanges verpasste die Frontfrau den Songs Jinjers dann gleich mal eine ganz anders wirkende Klangfarbe. Der gesanglichen Abwechslung folgte die musikalische auf dem Fuße: Einflüsse von Djent und Progressive Metal, ja sogar Elemente des Jazz‘ und Swings verwob die Band ziemlich gekonnt.
Das Publikum honorierte die ausgezeichnete Musikattacke Jinjers mit reichlich Moshpitaktivitäten und massig überbordendem Applaus. Und mit Strömen von Schweiß, der in der zur Sauna mutierten Konzerthalle reichlich tropfte. Ein schön deftiger Rumble im Kölner Jungle also. (Fotos: Helmut Löwe)