Japans Rockattacke Babymetal erobert Kölns Live Music Hall

Wirklich böse sehen sie aus, die Musiker, die aus dem Bühnenhintergrund heraus wilden, aber melodischen Metalcore ins Publikum feuern. Mit ihre weißen Bettlaken und finsteren Gesichtsbemalungen scheinen sie einem japanischen B-Movie-Zombiestreifen entsprungen. Gitarrengebrüll, Schlagzeuginferno und Bassgewummer – so kracht es ganz mächtig aus den Lautsprechern. Im Wettbewerb eines Slipknot-Lookalikes wären sie in der Spitzengruppe dabei.

Konzertfotos von Babymetal in der Kölner Live Music Hall

Ganz das Gegenteil die drei Mädchen im Zentrum der Bühne: Hübsch anzuschauen sind sie in ihren rot-schwarzen Kostümchen mit Silberapplikation und Rüschenröckchen. Stets ein Lächeln auf dem unschuldigen Gesicht. Und sie singen, Abzählreimen gleich, mit niedlichen Stimmchen. Tanzen tun sie auch, wunderbar durchchoreographiert, manchmal schelmisch, manchmal gymnastisch, manchmal wild, wie von Schnüren gelassene Marionetten der Augsburger Puppenkiste. Nein, gefährlich sind sie nicht – doch, lediglich ein einziges Mal, wenn sie Oberteile im Skelettlook anhaben. Aber zum Glück kompensieren sie dies mit Schnuffeltüchern.

Beide zusammen, böse Musiker und liebe Mädchen, bringen die am 3. Juli 2014 ausverkaufte Live Music Hall zum Kochen, Ausrasten. Denn auf der Bühne toben Babymetal, die neue und irgendwie sehr, sehr schräge Rockoffensive aus Japan: Mädchen, wie der fleischgewordene Traum von Mangaliebhabern wirkend und mit Kinderstimmchen singend, die zusammen mit wüsten aber fingerfertig arbeitenden Musikern eine Pop-Metal-Symbiose eingehen. Drei kindliche Metalkaiserinnen und ihre Entourage aus dem Rockhades.

Brettharte Metaller und nette Mädchen auf Ausrastkurs

Dass das auch auf dem ersten und einzigen Deutschlandkonzert in Köln, überhaupt erst dem zweiten Konzert Babymetals in Europa, ziemlich gut klappt, zeigen die Begeisterungsstürme der Fans. Sowohl der brettharte Metaller mit Tool-Shirt als auch die 16-Jährige Schülerin im Neonshirt und Miniröckchen drängeln sich am Devotionalienstand, springen im Konzert wild durcheinander, singen auch ohne japanische Sprachkenntnisse „Gimme Chocolate!“ oder „4 no uta“ lautstark mit und recken ohne Unterlass die Arme gen Himmel. Mittendrin überproportional viele Japaner, die sich – Düsseldorf als deutsche Nipponhochburg ist fast schon um die Ecke – den Auftritt ihrer Landsleute nicht entgehen lassen.

Kein Wunder, dass es in der Halle innerhalb von Minuten heiß ist, wie in einer Sauna, der Schweiß in Strömen fließt uns so manche Körperausdünstung des Nachbarn Nase unangenehm belästigt. Ob dies dann der richtige Ort für einen Kindergeburtstag ist, sei hinterfragt – denn ein bisschen Geburtstag ist der Auftritt Babymetals allemal. Schließlich wird eine der drei Protagonistinnen, nämlich Moametal, am Tag nach dem Auftritt, am 4. Juli, 15 Jahre alt. Damit hat sie zu Yuimetal aufgeschlossen, die am 20. Juni ebenfalls ihren 15. Geburtstag feierte. Die älteste des Trios, Su-Metal, die den größten Teil des Gesangs übernimmt, ist 16.

Konzertfotos von Babymetal in der Kölner Live Music Hall

Nach 75 Minuten, einschließlich eines fünfminütigen Forderns einer Zugabe, ist dann aber auch Schluss mit dem Metalcorepopkindergeburtstag – mit „we are Babymetal, Tschüss“ verabschieden sich Moametal, Yuimetal, Su-Metal sowie die namenlosen Musiker. Und entlassen eine vollkommen erschöpfte Fanmenge hinaus an die erfrischende Luft. Ein ziemlich schräger aber gleichzeitig begeisternder Konzertabend mit den musikalischen Superstars des Kaiserreiches, denen es locker gelingt, das Budokan in Tokio mit seinen 14.000 Zuschauern zweimal hintereinander auszuverkaufen, geht zu Ende. (Foto oben: Pressefoto)

babymetal.jp

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