Lagwagon brettern in Köln munter drauflos

Am frühen Dienstagabend noch stand Joey Cape lediglich mit einer Akustikgitarre bewaffnet im Hostel Weltempfänger, gab vor etwa 100 Zuhörern Songs der US-Melodic-Hardcoretruppe Lagwagon in sehr abgespeckter Version zum Besten: „Violins“ oder „Wind in your Sail“ mal nur im Standgas. AlsFrontmann Lagwagons sonst ja ausschließlich mit Singen beschäftigt, hatte Cape sichtlich Spaß mit der Klampfe und mit den Gästen, wenn er auch mit der Technik in ihrer simplifizierten Form etwas haderte – Gitarrenstimmen war mehrfach angesagt.

Konzertfotos von Lagwagon in der Kölner Live Music Hall

Dass die meisten der Anwesenden um einige zehn, zwanzig oder mehr Jahre jünger als der 47-Jährige selbst waren, focht Cape in keiner Weise an. „Die Leute sehen doch viel jünger aus, als sie sind. Und auch ich sehe ja noch verdammt gut aus“, verriet er Electrictunes im Interview. Allerdings sei er schon länger nicht mehr in dieser Weise aufgetreten, sagte er – daher also die leichten Probleme mit der Instrument-Stimme-Synchronisation. Alles in allem aber eine sehr unterhaltsame und für Lagwagonfans ungewohnte gute halbe Stunde. Dem Publikum gefiel’s.

Kurze, schnelle Songs – kurzes, schnelles Konzert

Wenige Stunden später am 12. August 2014 dann in der Live Music Hall das Songmaterial des Quintetts aus Santa Barbara so wie man es kennt: Vollgas, Gitarrengeheul und immer schön auf die Zwölf. Nicht lange, ebenso wie die Lieder der Band, die nur in absoluten Ausnahmefällen mal die Spieldauer von drei Minuten knacken: Nach 70 Minuten war mit einem knackigen „Razor burn“ auch schon Schluss. Egal – dem Publikum gefiel’s.

Um große Soundsperenzchen, vorteilhafte Instrumentalkunst und glasklaren Sound war es der Band, die gerne in einem Atemzug mit NOFX, Pennywise oder Millencolin genannt wird, keineswegs gelegen. Der tobenden, pogenden und crowdsurfenden gut 1.200 Mann starken Fanmeute in der Ehrenfelder Konzerthalle ebenfalls nicht. Beide Seiten, die Protagonisten auf der Bühne und die Antagonisten davor, wollten einfach nur Spaß an der Musik, Spaß am Konzert haben.

Im Moshpit war die Hölle los, Pogo und Circle Pit, Beine hoch über den Köpfen. Fotografen im Graben, die Bierbecher, Füße oder Fäuste an den Kopf oder in den Nacken bekamen. Und hoch über allem fünf Kumpels, die zwar seit neun Jahren keine gemeinsame Platte mehr veröffentlicht haben, aber froh und munter drauflosbretterten, frei jeglicher musikalischer Konventionen, klanglich ganz oft am Rande des Erträglichen. Nun gut, der Mann hinterm Mischpult hatte großen Anteil an der Kakophonie, das sollte ein Tontechniker besser hinbekommen.

Eines der besten Konzerte der Tour

Den Musikern um Sänger Cape und den gitarrespielenden Hühnen Chris Flippin herum, der seine Kollegen um ein, zwei Köpfe überragt,  hat das Konzert viel Spaß gemacht. Und das schon gleich von Beginn an, wie Cape nach nur wenigen Minuten feststellte, als er den Kölnabstecher als eine Art Highlight der Tour Lagwagons ausmachte. Fazit des Abends: Bier floss in Strömen, Stimmung war riesig, Vollgas geben war angesagt – für Bands und Fans ein schöner, wenn auch kurzer Abend.

Konzertfotos von Lagwagon in der Kölner Live Music Hall

Auf neues Songmaterial muss der Lagwagon-Fan nun aber auch nicht mehr soooo lange warten: Das neue Studioalbum „Hang“ steht an, die Veröffentlichung ist für den 28. Oktober 2014 vorgesehen. Laut Cape wird die Scheibe „wirklich aggressiv“. Anstatt mit Punk-Pop soll „Hang“ sehr viel rock- und metaldurchtränkter werden, plauderte Cape aus dem Nähkästchen: „Aber schnelle Gitarrenriffs gibt es auch!“ Und warum es neun Jahre dauert, bis ein neues Lagwagon-Album rauskommt, verriet Cape ebenso. Schuld seien fehlende spannende Songideen: „Wenn wir keine tollen Songs haben, gibt es auch keine neue Platte“. Aha, ganz einfach also! (Fotos: Helmut Löwe)

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