Da staunten die Besucher des Kölner In-Flames-Konzertes nicht schlecht. Als sie das Palladium verließen, empfing sie vor der Hallentür ein etwa 30 Mann starkes Polizeiaufgebot. Grund für die außergewöhnliche Polizeipräsenz: Auf den Spuren der schwedischen Melodic-Death-Metaller wandeln osteuropäische Banden, die die Gunst des wilden Tohuwabohus im Publikum mit Pogo, Crowdsurfing und Circle-Pit nutzen und viele Personen im Getümmel um Smartphones oder Geldbörsen erleichtern. Und auf die Kriminellen hatten es die Beamten abgesehen. Allerdings – der ganz große Fang blieb aus, eine Person wurde festgenommen. Im gleichen Atemzug gingen zwölf Anzeigen von bestohlenen Konzertbesuchern ein.
Konzertfotos von In Flames im Kölner Palladium
Den großen Fang, den die Ordnungshüter nicht machten, machten dagegen die über 3.000 Fans des Konzertabends. Zum einen gab es fürs Eintrittsgeld über vier Stunden Musik, zum anderen mit Papa Roach versierte Einheizer, die sich auch bestens als Headliner gemacht hätten. Ach ja – und mit In Flames eine Band, die einen echt großen Auftritt hinlegte, die Halle in Köln-Mühlheim am 31. November 2014 aber mal so richtig unter Strom setzte und in Wallung versetze. Das nicht nur durch die druckvolle Musik, sondern auch durch eine rasante und riesige Lightshow, die nach allen Regeln der Kunst konzipiert war. Da machte es den wenigsten der Besucher wohl etwas aus, dass nach genau anderthalb Stunden zugabenfrei das In-Flames-Feuerwerk abrupt endete.
Live deutlich mehr Biss
Die von vielen Fans und Kritikern gleichermaßen kritisierten Songs des neuen Albums „Siren Charms“, die oft genug für soft und weichspülerhaft befunden wurden, hatten live deutlich mehr Biss. Nun gut, dass „Through Oblivion“ oder „Paralyzed“ – sechs Titel von der aktuellen Scheibe standen auf der Setlist – lange nicht so viel Wumms haben wie die richtig derben „Only for the Weak“ oder „Take this Life“, ist offensichtlich. Solch alte Brecher zeigten auch im Palladium deutlich die Herkunft In Flames‘ aus der Metalecke der rauhen Jungs, da wo Gitarren heulen, Schnelligkeit und Dynamik die Songs bestimmen und der Sänger auch mal gerne growlt. Kein Wunder, dass bei den Klassikern der Schweden das Publikum kaum zu bremsen war.
Doch auch über solche Stimmungsspitzen hinaus waren die Fans außer Rand und Band. Wildes Pogen, Crowdsurfer in enormer Menge und hunderte Hände, die das Skandieren von Begeisterungsrufen tatkräftig unterstützten. Dies machte selbst den mit Hemd, Bart und Baseballkappe versehenen und eher wie ein Hipster denn wie ein brettharter Metaller wirkenden Anders Fridén staunen: „Der surft ohne Musik, das ist echt echte Heavy-Metal-Hingabe – sehr gut, schwerer Mann“ bewunderte er den einsamen und stillen Crowdsurfer, der auch ohne akustischen Antrieb über den Köpfen der Zuschauer glitt.
Viel zur überbordenden Laune tat in jedem Falle auch die opulente Lightshow. Bewegliche Lichtraversen, ausgeklügelte Farbchoreographie und gekonnt platzierte und eingesetzte Scheinwerfer und Spots: so was ist für Metalkonzerte nun wirklich nicht an der Tagesordnung und beindruckt. Der Fankommentar „das war cool!“ fasst den überdurchschnittlich guten In-Flames-Auftritt kurz und knapp, vielsagend zusammen. Wer nicht vor Ort war, sich das Konzert aber dennoch ansehen möchte, der sollte am 24. November das WDR-Fernsehen einschalten: von 0:00 Uhr bis 2:30 Uhr zeigt der Sender eine Aufzeichnung des In-Flames-Konzertes durch den Rockpalast. (Fotos: Helmut Löwe)