Flogging Molly live – Irish Pub statt Industriehalle

Kann eine Band, in deren Heimat die glamouröse Hollywood-Filmindustrie in aller Munde ist, die Surferboys, Binkinigirls und Sonnenanbeter tagtäglich vor Augen hat, traditionelle Musik der Grünen Insel in originärer Form machen? Kann eine Band aus Los Angeles, Kalifornien, Irish Folk auf traditionelle Art und Weise gekonnt rüberbringen? Ja, Flogging Molly kann das. Die sieben Musiker bewegen sich irgendwo zwischen den Pogues und Dubliners und hauchen irischen Klängen mit Punkanleihen  ordentlich Dampf ein. Das bewiesen Flogging Molly am 24. November im Kölner E-Werk mit Bravour.

Fotos vom Konzert Flogging Mollys

Viele, viele Träger von Schiebermützen – eine traditionelle Ausgehkopfbdeckung der Arbeiterklasse – in der Menge der etwa 1.900 Zuschauer machten deutlich, wes Inhaltes die Texte Flogging Mollys Irish-Folk-Punk sind: Weniger das so gerne besungene Whiskey-Bier-und-Grünes-Eiland-Idyll denn vielmehr Sozial- und Wirtschaftskritik. Ähnlich halten es ja auch New Model Army aus dem englischen Bradford, die allerdings etwas mehr auf die Bremse treten, wenn es um Punkgeschwindigkeit geht.

Schmeckt Guinness aus der Dose?

Um das Thema Wirtschaftskrise dreht sich auch das aktuelle Album „Speed of Darkness“, dessen Stücke aber auf der Setlist nur eine kleinere Rolle spielten: Viel mehr als den Titelsong, „Saints & Sinners“ und drei andere Titel hatten Flogging Molly nicht im Gepäck. Wobei die Ballade „So sail on“ so ziemlich die einzige war, die diesen Ruf an jenem Abend auch verdiente – denn über etwa eindreiviertel Stunden hinweg gaben King & Co. fast nur Vollgas.  Etwas Ruhe konnte man schöpfen, wenn sich der Frontmann, der anfangs mit Anzug erschien, sein Jackett aber aufgrund der stetig steigenden Temperatur recht schnell auszog, mal wieder der Plauderei mit den Fans widmete. Oder sich einen Schluck aus der Guinnessdose (schmeckt das dann überhaupt?) gönnte.

King präsentierte sich als Fußballfan, der sich trotz der von ihm angeprangerten wirtschaftlichen Probleme seiner Heimat ein Loch in den Bauch darüber freute, dass Irland eine gute Woche zuvor die Qualifikation für die EM 2012 geschafft hatte. Und lobhudelte die deutschen Fans, dass die jetzige eine der grandiosesten Tourneen sei, die Flogging Molly je bestritten hätten. Den schnellen Gruß Kings an den Zuschauer mit dem Motörhead-T-Shirt – King spielte einst mit dem früheren Motörhead-Gitarristen „Fast“ Eddie Clarke in der Band Fastway“ – wird jener dankend angenommen haben.

Fotos vom Konzert Flogging Mollys

In seiner Rolle als Conferencier des Abends nahm er seinen Bandkollegen die Arbeit ab, sodass diese sich voll auf ihr Metier „Musikmachen“ konzentrieren konnten. Und das taten sie offenbar genau richtig. Denn anders konnte man die Begeisterung im Publikum, das Mitsingen und -klatschen oder Tanzen und Springen bis hinein in die letzten, schwitzenden Reihen der Halle kaum interpretieren. Fast hatte man das Gefühl, dass man sich in der Melange aus Hitze, Schweiß und Bierdunst inmitten eines brechend vollen irischen Pubs bewegte, und nicht in einer alten Industriehalle in Köln-Mülheim. (Fotos: Helmut Löwe)

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