LaFaro, Alternativerocker aus Belfast, Nordirland, touren zwischen Januar und März ausgiebig durchs kalte Europa. Electrictunes traf das Quartett vor seinem Auftritt im Kölner Sonic Ballroom am 2. Februar und plauderte mit Jonny Black, Alan Lynn, Dave Magee und Oisin O’Doherty.
Die vier erwiesen sich als muntere Gesellen, die vor keinem noch so großen Unsinn halt machen. Und kein Blatt vor den Mund nehmen, egal ob es um „Bastard-Musik“, traditionelle irische Instrumente, käufliche Liebe oder gelangweilte Rockstars geht. Nicht alles allerdings, was die Jungs vom Stapel lassen, darf man für bare Münze nehmen.
Beschreibt die Art von Musik, die ihr macht.
Jonny: Wir lasen vor kurzem eine Kritik über uns aus Holland. Der Autor beschrieb unsere Musik als „Bastard-Musik“. Und das trifft es perfekt. Kein bestimmter Stil, wir mischen alles durcheinander.
Welches sind Eure musikalischen Einflüsse?
Jonny: Hauptsächlich Hardrock, Punk und Metal. Klassischer Metal, so was wie Slayer und Pantera (lacht). Pop irgendwie auch – halt alles mit einem guten Groove.
Ihr habt Euch nach dem Jazzbassisten Scott LaFaro benannt, Warum?
Jonny: Jazz ist zwar nicht unsere Musik, aber Scott LaFaro, der leider sehr jung starb (er kam 1961 im Alter von 25 Jahren bei einem Autounfall ums Leben; d. Red.), war ein visionärer Musiker, immer bereit, Risiken einzugehen. Und genau dies ist unser musikalischer Ansatz, risikofreudig zu sein.
Auf Eurer Facebookseite habt ihr alle den Nachnamen „LaFaro“. Ähnlich wie die Ramones es hielten, die sich auch alle den Nachnamen „Ramone“ gaben. Habt ihr Euch an ihnen orientiert?
Alan: Nein, das ist wirklich nur ein Jux. Wir haben dabei überhaupt nicht an die Ramones gedacht. Du bist der erste, der das erwähnt.
Jonny, von Dir stammt der Satz „Wir lassen die Zeiten aufleben, als Rockmusik noch Spaß machte!“. Wann machte Rock noch Spaß und was ist Rock heute?
Jonny: Heutzutage ist Rock vielfach nur noch ein Witz. Viele der großen Rockbands sind einfach furchtbar.
Alan: Denk an Jared Leto (Gitarrist und Sänger von Thirty Seconds to Mars sowie Schauspieler; d. Red.). (Gelächter).
Jonny: Früher hatten Bands noch eine Botschaft mitzuteilen. Sie gingen Risiken ein, probierten Neues aus. Es gibt eine deutlichen Entwicklung seit den 60ern, bis hinein in die 80er, 90er. Momentan aber scheint ein musikalischer Stillstand eingetreten zu sein. Sieh dir viele der heutigen Bands an: Denen macht ihre Musik anscheinend überhaupt keinen Spaß, die scheinen nur noch gelangweilt auf der Bühne herumzustehen. Und das wollen wir nicht, wir wollen die Laune, den Spaß zurückbringen.
Was war denn in den 60ern besser?
Jonny: Es gab viele gute Garage-Rockbands; zum Beispiel „The Monks“ aus Deutschland (The Monks bestand aus in Deutschland stationierten amerikanischen GIs; d. Red.). Oder die frühen Stooges oder MC Five.
Wie geht Euer Songwriting vonstatten?
Oisin: Ich schreibe die meisten unserer Songs auf einer Harfe. Anschließend leite ich diese an die anderen Jungs weiter, die daraus Rock machen. (Gelächter).
Dave: So wird in Irland seit Jahrhunderten Musik gemacht.
Oisin: Und es liegt nicht an uns, diese Tradition ändern zu wollen.
Alan: Jonny ist für die meisten Songs verantwortlich. Viele seiner Ideen entwickeln wir dann gemeinsam mit der Band weiter, sodass jeder den Songs seinen Stempel aufdrücken kann.
Jonny: Wenn so ein Song dann im Probenraum nicht sofort einschlägt, lassen wir die Arbeit daran sein. Gute Ideen aber bauen wir aus.
Was macht Ihr, wenn ihr während der Tour mal frei habt?
Oisin: Wir waschen unsere Unterwäsche, betreiben kulturelles Sightseeing und sehen uns nach sauberen Toiletten um.
Dave: In Hamburg sind wir über die Reeperbahn gezogen, aber die Frauen dort waren uns zu hässlich. Freunde von uns haben sich allerdings mit den Mädchen eingelassen – und die Quittungen aufgehoben.
Was macht ihr außer Musik – habt ihr noch andere Jobs?
Jonny: Ja, schon – aber in den vergangenen anderthalb Jahren ging es nur um Musik, Wenn wir nicht auf Tour sind oder mitten in Aufnahmen stecken, kümmern wir uns um die nächste Tour oder die nächste Aufnahme.
Dave: Wir sind Vollzeitmusiker mit Aushilfsjobs. Ich zum Beispiel putze und arbeite in einer Bar – ziemlich anspruchsvolle Arbeiten also.
Was machen die anderen?
Alan: Ich unterrichte Schlagzeug. Wenn Du willst, dich auch…
Jonny: Oisin arbeitete als Therapeut in der Reha. Das ist doch mal wirklich eine gute Qualifikation.
Auf einigen Eurer Pressefotos seht ihr aus wie irre Metzger. In weißen Gummistiefeln, Schürzen, blutüberströmt. Steht ihr auf Horror?
Jonny: Das war nur ein Spaß, der aber ganz gut zum aktuellen Album passte (die Platte heißt „Easy Meat“; d. Red.). Üblicherweise ziehen wir uns nicht so an.
Dave: Es war schon ziemlich lustig, wie Mörder angezogen in einem Park herumzulaufen, während Leute dort ihre Hunde spazieren führen.
Welcher eurer Songs ist typisch für die Musik von LaFaro?
Alan: „Chopper is a fuckin’ Tout“; dieser Song ist schnell, hart und voller Energie.
Jonny: Und vom neuen Album den gleichnamigen Song, „Easy Meat“.
Warum heißt das Album „Easy Meat“?
Dave: „Easy Meat“ („Leichte Beute“; d. Red.) ist eine Redewendung, die wir oft gebrauchen. Als wir den Song aufnahmen, gaben wir ihm den Arbeitstitel „Easy Meat“. Und als es darum ging, der ganzen Platte einen Namen zu geben, nannten wir sie auch „Easy Meat“. Viele andere Songs auf dem Album bauen auf Redensarten auf, die in Nordirland sehr gebräuchlich sind.
Die Songs werden von kurzen Zwischenspielen getrennt. Wie seid ihr darauf gekommen?
Jonny: Diese Zwischenspiele lockern das Album auf. Sie gönnen Deinen Ohren eine Ruhepause. Als wir erstmals auf dem Kontinent tourten, nahm ich mit meinem Diktiergerät betrunkene Deutsche auf. Das Zwischenspiel mit dem Typen, der Saxophon spielt, nahmen wir am Berliner Bahnhof auf. Es war lausig kalt und der Straßenmusiker traf die Töne nicht richtig – ich glaube, das kann man gut hören. (Gelächter)
Ihr twittert viel. Wer von Euch macht das?
Dave: Ich twittere. Es geht schnell und ist einfach und es macht Spaß. Facebook ist ja eher etwas ernster (grinst): Die Leute schreiben zum Beispiel, dass ihnen irgendwelche Schuhe nicht passen, ob sie in jenem Kleid gut aussehen oder ihr Hintern groß genug aussieht. Über Twitter und Facebook promoten wir unsere Band.
Wie bleibt ihr mit euren Freunden zuhause in Kontakt?
Jonny: Wir schreiben Briefe. Sonst macht das ja niemand mehr; außer meiner Mum und mir. Oder Postkarten, die immer eine Überraschung für jemanden sind. Ich twittere nie, Twitter ist grauenvoll.
Alan: Auf der letzten Postkarte, die ich erhielt, stand bloß „Hi-yeah. Fuck off!“
Welche Alben gehören ins Gepäck bei einem Trip auf eine einsame Insel?
Dave: In jedem Falle Panteras „Greatest Hits“ (die es in dieser Form nicht gibt; d. Red.). Quatsch, aber „Reinventing the Steel” von Pantera unbedingt. Worauf wir uns alle einigen könnten, ist „The Shape of Punk to Come“ von Refused. Und Miles Davis’ „Kind of Blue“.
Alan: Ich würde “Angel Dust” von Faith no More mitnehmen.
Jonny: “Enter the Wu-Tang (36 Chambers)” ist großartig.
Oisin: Irgendwas von Rick James.
Herzlichen Dank für das Gespräch (Fotos: Helmut Löwe).