In Anbetracht der vielen Zombies, Monster, Vampire, gruseligen Außerirdischen, anderer Horrorgestalten sowie verstörender Sexbomben auf der Leinwand müsste es einem doch eiskalt den Rücken runterlaufen. Doch nix da: was am 5. Juli 2018 im Kölner Sonic Ballroom den Rücken runterläuft, ist ziemlich heiß. Denn die Messer Chups stehen auf der Bühne. Und sie verwandeln den kleinen und abgeranzten Club in Ehrenfeld nicht nur mit visuellem Leinwandhorror schräger Natur, sondern vor allem mit launiger Surfmusik in eine brüllend heiße Butze, einer Sauna gleich. Da tropft der heiße Schweiß.
Bildergalerie: Messer Chups 2018 im Kölner Sonic Ballroom
„Das ist ein superheißer Tag, aber ihr seid da – das ist toll“, bemerkt Schlagzeuger Boris Israel Fernandez alias Dr. Boris sehr, sehr treffend. Die Hitze in dem mit knapp 100 Personen ziemlich vollen Laden hält ihn jedoch nicht davon ab, mehrfach mehr Whisky für sich und die beiden anderen Bühnenprotagonisten zu fordern: Gitarrist und Bandkopf Oleg Fomchenkov alias Oleg Gitarkin, alias Guitaracula sowie Bassistin Svetlana Nagaeva alias Zombierella.
Pogo statt Twist als Stimmungsbarometer
Auch wenn Guitaracula und Zombierella ihren Bewegungsradius fast auf den des am Schlagzeug sitzenden Dr. Boris beschränken, so ist die muntere Melange aus schnittiger Surfmusik und klasse Kinogrusel für die Zuschauer enorm mobilitätsfördernd. Mit zunehmender Konzertdauer entwickelt sich aus Mitwippen zunächst schwungvoller Tanz, dann schließlich deftiger Pogo. Dieser will zwar fast gar nichts mit einem tänzerisch naheliegenden Twist gemein haben, zeigt aber ziemlich gut, welch Spitzenstimmung die Messer Chups entfachen. Und diese ist so gut, dass selbst Zombierella zwischen manchen Songs verschmitzt applaudiert.
Das Trio aus dem russischen St. Petersburg feuert ohne große Ablenkung durch Ansagen oder Plaudereien gar – wenn es dann einen kurzen Einschub gibt, dann von Dr. Boris – gut 80 Minuten lang das viele eigene Songmaterial sowie die ein oder andere Coverversion unter die Leute. Ob „Popcorn“, die Titelmelodien von „The Munsters“, „Das Boot“ aus der Feder Klaus Doldingers oder der James-Bond-Filme – alles ist von Guitaracula gekonnt interpretiert und auf Surfmusiktauglichkeit getrimmt.
Guter Gesang? Ach, egal!
Mit den beiden Titeln „Rockin‘ Zombie“ und „They call me Zombie“ durchbrechen die Messer Chups die überwiegende Instrumentalität der Surfmusik. Dass Singen und Texte in dem Genre eine weniger wichtige Rolle spielen, auch bei den Messer Chups, mag man wohl daran festmachen, dass der mit Kieksern und Atonalität versehene Gesang der in sexy Pailettenkleidchen und Netzstrümpfe gekleideten Zombierella lediglich wie eine unwichtige Nebensache wirkt.
Bildergalerie: Messer Chups 2018 im Kölner Sonic Ballroom
Gesang also egal, die Musik aber sitzt ausgezeichnet, die Stimmung im Sonic Ballroom ist top – mit mehr solcher Konzerte, von denen Oleg, Svetlana und Boris ja eh schon reichlich hinlegen, sind die Messer Chups auf bestem Wege, peu à peu den Status des Geheimtipps innerhalb der doch eher überschaubaren Surfmusikszene abzulegen. Zu Recht. (Fotos: Helmut Löwe)