Allerheiligen ist zwar ein Stiller Feiertag, doch mit Stille hat die Kölner Live Music Hall am 1. November rein gar nichts am Hut. Denn dort ist sehr lautstarker Heavy Metal angesagt, auf dem „Rise-of-Chaos“-Festival. Wer dazu eingeladen hat? Accept sind es, die Metalurgesteine aus Deutschland. Und was die an Lautstärke aufbieten, das ist dezibelmäßig ganz weit vorne. Gitarren kreischen wie Kreissägen, der Bass rollt wie eine Taifunwoge und das Schlagzeug dröhnt wie Kanonendonner.
Konzertfotos: Accept in der Kölner Live Music Hall
Sänger Mark Tornillo gibt sein Bestes, gegen den Lärmorkan anzusingen – es gelingt ihm sirenengleich dank seiner sehr durchdringenden Stimme. „Ich kann nicht klar singen, ich stehe auf ‚Screamer‘“, stellt Tornillo, der Sänger wie Bon Scott, Noddy Holder und Rod Stewart zu seinen Favoriten zählt, zuvor im Interview fest. Pech dann eben für all jene unter den etwa 800 Zuhörern, die verwegen auf den Gehörschutz verzichten: die werden noch einige Tage unter dumpfem Hören zu leiden haben. Trotz all des Lärmorkanes allerdings ist der Sound sehr hochwertig, die Mixer leisten erstklassige Arbeit, die Musiker spielen extrem sauber und leisten sich keinerlei Schnitzer.
Kaum weniger Schnitzer unterlaufen den Acceptmusikern in ihrer Bühnenperformance. Sehr schön durchchoreographiert ist das, was die Helden an den vier und sechs Saiten bieten. Wiegeschritt in Zweier- oder Dreierformation, Gitarrenhälse, die sich in Richtung Publikum recken, Ausfallschritte en masse – man sieht, dass ein Metalkonzert aus mehr bestehen kann, als aus klasse Musik: die Optik kann gar viel bewirken. Da schöne ist, dass solche Posen hier keineswegs abgeschmackt wirken, wie so manches Mal bei anderen Kapellen – hier gehört so etwas zum Großen und Ganzen, zu einem Metalkonzert wie aus dem Bilderbuch. Man merkt gar nicht, dass zu solch einer Chorerographie doch durchaus eine Menge Arbeit gehört, denn wenn’s nicht sitzt, dann sieht es halt Scheiße aus. Hier sitzt es!
Drei weitere Metalmitstreiter
Da zu einem Festival doch deutlich mehr gehört, als ein Headliner mit womöglich einer Vorband, haben Accept drei weitere Metalmitstreiter an Bord: Zuvor lassen Orden Ogan Folk- und Powermetall vom Stapel, ein bisschen so wie die ultraharte Version von Santiano und so ganz und gar ohne Seemannslieder oder gar Volksmusik. Refuge, die Rückkehr der Rage-Besetzung von 1988 bis 1993, hauen ebenfalls deftigen Power- und Speedmetal raus. Den Einstieg machen die britischen Monument, die sich klassischem Heavy Metal mit Orientierung an Iron Maiden widmen.
Warum nicht Accept allein? Warum ein Festival in Kleinform? „Festivals finde ich immer cool. Und diesmal etwas in übersichtlichem Rahmen – das haben wir noch nie gemacht“, verrät uns Accept-Gitarrist Wolf Hoffmann. Dass der exzellente Gitarrenheld, der auch in der Live Music Hall große Kunst an sechs Saiten präsentiert, auf ungewöhnliche Musikexperimente steht, hat er mit seinen Acceptkollegen ja schon 2017 in Wacken gezeigt: mit 50-köpfigem Orchester standen die Metaller auf der Bühne, verwoben teutonisches Tosen mit klassischen Melodien und Instrumenten. Der Auftritt kam verdammt gut an, so gut, dass eine DVD namens „Symphonic Terror“ ab dem 23. November davon zeugt.
Die Metal-Klassik-Melange geht weiter
Und die Metal-Klassik-Melange von Accept geht weiter. Im Frühjahr 2019 stehen Bühnenauftritte von Hoffmann, Tornillo, Bassist Peter Baltes, Drummer Christopher Williams und dem zweiten Gitarristen Uwe Lulis zusammen mit Orchester an. Start der sogenannten „Symphonic-Terror-Tour“ ist am 20. April in der historischen Stadthalle in Wuppertal, dort wo Hoffmann aufwuchs, das Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium besuchte. Dass es in der Stadthalle dann deutlich beengter zugehen wird als auf der großen Bühne in Wacken, macht Hoffmann nichts aus: „Dann müssen wir halt was zusammenrücken“ bemerkt er schelmisch.
Konzertfotos: Accept in der Kölner Live Music Hall
Die Zusammenarbeit mit klassisch ausgebildeten Musikern begeistert ihn. „Das ist etwas ganz besonderes mit Orchester, das gibt manchen Titeln einen anderen, ungewöhnlichen Anspruch“. Und dieser Anspruch ist für Hoffmann ab und an wohl sehr intensiv: „Manchmal passiert es mir, dass ich sogar etwas vermisse, wenn ich einen Song ohne Orchester höre! Zum Beispiel bei ‚Shadow Soldiers’“. Und das von einem Metaller durch und durch! (Fotos: Helmut Löwe)
Setlist Accept
– Die by the Sword
– Stalingrad
– Restless and Wild
– Pandemic
– Koolaid
– No Regrets
– Analog Man
– T.V. War
– Princess of the Dawn
– Monsterman
– Up to the Limit
– Metal Heart
– Teutonic Terror
– Fast as a Shark
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– Stampede
– Balls to the Wall
– I’m a Rebel