Long Distance Calling - How Do We Want To Live?

Long Distance Calling, „How Do We Want To Live?“ und die Frage nach der Mensch-Maschine

Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Und was oder wie wollen wir sein? Fragen, die jeden immer mal wieder beschäftigen und nachdenken lassen. Hausfrauen, Banker, Schauspieler, Ingenieure, Finanzbeamte – Musiker ebenso. Und nun stellen sich die Münsteraner Musiker von Long Distance Calling eben genau jene Frage nach dem Wohin und dem Wie: „How Do We Want To Live?“, wie wollen wir leben? Dieses treibt die Post- und Progressive Rocker aus NRW auf dem gleichnamigen neuen Album um.

Dass man, wenn man sich solche Fragen stellt, hin und wieder von der Geschichte selbst überrumpelt werden kann, erfuhren die beiden Gitarristen David Jordan und Florian Füntmann, Bassist Jan Hoffmann und Schlagzeuger Janosch Rathmer am eigenen Leibe – wie viele Millionen andere Menschen auch: Als die Arbeit an dem Album begann, war vom Coronavirus, von einer Pandemie mit hunderttausenden Toten auf der Erde keinerlei Rede. Es „waren sämtliche Songs schon komplett geschrieben und fertig, lange bevor man die aktuellen Entwicklungen überhaupt voraussehen konnte“, bemerkt Rathmer.

Die instrumentale Antwort?

Long Distance CallingForschung an Impfstoffen, Corona-App für die gesundheitliche Sicherheit dank Digitalisierung, medizinische Versorgung und deren steigende Effizienz dank Computern oder Künstlicher Intelligenz – das sind nur einige, wenige Themen, die das zukünftige Leben des Menschen auf dem Globus nicht nur tangieren, sondern beeinflussen, schon jetzt sogar! Kommt womöglich eine Utopie dabei heraus? Womöglich eine Dystopie? Man weiß es nicht, Long Distance Calling wissen es nicht, sprechen aber darüber, musizieren aber darüber, versuchen, eine Antwort zu finden. Und das so, wie man es vom Quartett kennt: instrumental.

Dass Musik auch ohne Gesang – bis auf die Ausnahme „Beyond your Limits“, auf welcher Eric A. Pulverich von der Band Kyles Tolone den Gesang beisteuert – enorm vielschichtig sein kann, beweisen Long Distance Calling auf ihrem neuen Album aufs Neue. Und nehmen sich im Gegensatz zu früheren musikalischen Werken nun mit mehr elektronisch erzeugten Klängen ebenso etwas Neues vor. Mehr Elektronik – das passt nicht nur zum thematischen Grundtenor von „How Do We Want To Live?“, das passt dann einfach auch zum musikalischen Grundtenor.

„Ob wir auf Kohlenstoff oder Silikon basieren, macht keinen grundlegenden Unterschied. Jedermann sollte mit angemessenem Respekt behandelt werden“, so lautet das Zitat in „Sharing Thoughts, welches dem Roman „2010: Odyssey Two“ (deutscher Titel: „Odyssee 2010 – Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“) von Arthur C. Clarke entstammt.

Das musikalische Nebeneinander

Long Distance CallingDas Nebeneinander von kohlenstoffbasierten und künstlichen Lebensformen – eine Mensch-Maschine? – im realen, zukünftigen Leben bringen die Musiker im Nebeneinander von Gitarre, Bass und Schlagzeug sowie digitalen Sounds auf „How Do We Want To Live?“ sehr, sehr passend auf ein Level. Und sehr, sehr respektvoll. Nichts hört sich an, als wäre ein Fremdkörper im Spiel. Sehr viele repetitive Elemente, mantramäßige Gitarrenläufe und klangliche Wiederholungen charakterisieren die sich im realen Leben wiederholenden Dinge positiver und negativer Natur.

Und dann kommt der Fremdkörper doch noch ins Spiel, ins Spiel der Künstlichen Intelligenz, welche den Menschen, die kohlenstoffbasierte Lebensform, als die Gefahr ausmacht, als den Virus. Und dieser hat Schuld Schuld an der musikalischen Bedrohlichkeit, welche „Ashes“ prägt – den letzten Song des Albums, welcher das Ende der Entwicklung von der Neugier („Curiosity“) über die Gefahr („Hazard“) und den Punkt jenseits der Grenzen („Beyond your Limits“) repräsentiert.

Mit „How Do We Want To Live?“ haben Long Distance Calling ein äußerst spannendes Werk des Progressive Rocks abgeliefert, eine musikalische Begleitung des Kopfkinos, in dem ein Science-Fiction-Film abläuft, der sich dem Wohin der Menschheit widmet. Das Album hat mit zehn Songs eine Spielzeit von 52:58 Minuten und ist erschienen auf dem Label Inside Out Music und im Vertrieb von Sony.  (Foto oben: Vollvincent; Foto unten: Andre Stephan)

Anspieltipps: Immunity, Sharing Thougts, Beyond your Limits

www.longdistancecalling.de

www.facebook.com/longdistancecalling

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