Mit Ibbenbüren verbindet man Musik eher nicht. Ja, und die meisten Musikfreunde werden sogar den Kopf schütteln, wenn sie danach gefragt werden, ob sie von einer Stadt solchen Namens bereits gehört haben. Aber wenn man dieselben Personen nach einer Band namens „Donots“ fragt, wird diese ihnen etwas sagen. Und genau jene Donots kommen nämlich aus der Stadt im Tecklenburger Land im nördlichen Westfalen, zwischen Rheine und Osnabrück.
Die Alternative-Rocker und Pop-Punker Donots sind so ziemlich der einzige bekannte musikalische Export, den die 51.000-Einwohner-Stadt zu bieten hat. Das allerdings seit langer Zeit: die Donots gründeten sich 1993, haben 1996 ihre erste Scheibe „Pedigree Punk“ veröffentlicht, seitdem 1.000 Konzerte gegeben und stehen 2010 vor dem Release ihres achten Albums. „The Long Way Home“ erscheint am 26. März auf Solitary Man Records, dem Label von Sänger Ingo Knollmann.
Auf „The Long Way Home“ tummeln sich elf Songs bei einer Spielzeit von 37 Minuten –keine ausgetüftelten langatmigen Klangwerke, sondern meist kurze und knackige, schnörkellose Uptemporocker. Der Opener „Changes“ geht als solide Rocknummer ohne größere Höhen und Tiefen durch, daran schließt sich „Calling“ an: Knallige Gitarren, melodiöse Keyboardläufe und ein Refrain mit Mitsingcharakter; kein Wunder, dass der Titel die erste Singleauskopplung der Scheibe ist (VÖ am 12. März).
E„Forever Ends Today“ erinnert an Waverock- und Britpopsongs aus den 80ern und 90ern mit melancholischem Unterton, zu dem die Gitarre „Fröhlichkeitstupfer“ setzt. Machen die Stereophonics nicht so was in der Art? Aufs Gas getreten wird mit „High And Dry“, dessen mehrstimmiger Gesang gleich zu Anfang Punkattitüde vermittelt.
Ab auf Sauftour
inen Ausflug in einen irischen Pub gibt es mit „Let It Go“, welches in bester Dubliners-, Pogues- oder Dropkick-Murphys-Manier Kneipenstimmung verbreitet; der Song macht in gelungener Weise Lust auf Guinness, Pils oder Kölsch. Fast so sieht’s auch Gitarrist Guido Knollmann: „Der perfekte Song, um in deiner Lieblingskneipe ’ne Schneise ins Regal zu saufen“. Ähnlich weiter geht’s mit „Dead Man Walking“. Der Song geht ab auf die Rennstrecke und könnte zu einem wahren Moshpitwirbler werden. Die Tuba in der Songmitte schreit förmlich danach, live jemanden mit Krachlederner und Gamsbart über die Bühne zu jagen.
„Make Believe“ und „Who You Are“ mit ihrem stimmigen Gesang und rockigen Tunes erinnern ein wenig an Bands wie Alkaline Trio oder Green Day. So was könnte gut auf einem US-College-Radio-Sender dudeln, der mit melodiösem Hardcore im Repertoire aufwartet: Heftig, aber nicht zu wild, sonst werden die Hörer verscheucht. „The Years Gone By“ erweckt Gedanken an den Bryan Adams auf seinen ersten beiden Alben, als er noch nicht auf jedem Kuschelrocksampler mit Stadionweichspülern vertreten war: Mundharmonika und Banjo zaubern einen wirklich netten Rocker.
Mehr Mut zum chartuntauglichen Risiko
Die opulenten Chöre, die aus einem satten Drum- und Bassuntergrund und von der Gitarre beschleunigt an die Oberfläche brechen, verleihen „Hello Knife“ etwas Fesselndes. „Wenn man den Song optisch erfassen könnte, sähe er aus, wie eine Mischung aus Jabba The Hut und dem jungen Rudi Völler: Was wieselig Gerissenes trifft auf Masse und Speck“, so Guido durchaus treffend. Den Schluss mach mit „Parade Of One“ eine Art „Mini-Rock-Oper“, zwar nicht so bombastisch, gut und kompositorisch beeindruckend, wie bei Queen, doch für die Donots außergewöhnlich. Und mit 5:12 Minuten Laufzeit ein langes Ding.
Wenn man das neue Donots-Album auch nicht unbedingt als der Weisheit letzten Schluss bezeichnen darf, so finden sich doch einige Titel, die auch über das ein-, zweimalige Hören hinweg haften bleiben. Etwa mehr Mut zum Risiko, nicht unbedingt charttaugliche Songs aufs Album zu packen, hätte aber sehr wohl sein dürfen. Den Fans mag’s wohl trotzdem gefallen, und um in der Konzerthalle für überbordende Stimmung zu sorgen, ist Potenzial vorhanden. Bei vielen wird sich „The Long Way Home“ wohl reichlich im CD-Laufwerk des Autos drehen – sicher auch auf dem Weg zu den Donots-Konzerten im April: Denn dann macht das Quintett die Probe aufs Exempel, ob das neue Songmaterial den Bühnentest besteht. (Livefotos: Helmut Löwe)
Die Donots auf Deutschland-Tour im Frühjahr 2010:
08.04. – Hamburg, Knust
09.04. – Krefeld, Kulturfabrik
10.04. – Köln, Gloria Theater
11.04. – Frankfurt, Batschkapp
16.04. – Berlin, Lido
21.04. – Leipzig, Werk II
22.04. – Nürnberg, Hirsch
23.04. – München, 59:1
24.04. – Stuttgart, Universum
25.04. – Bielefeld, Forum
29.04. – Hannover, Musikzentrum
30.04. – Dortmund, Rock in den Ruinen
01.05. – Karlsruhe, Substage