Myrath, Shehili, Cover

Myrath liefern auf „Shehili“ eine sehr feine Symbiose von Metal und Morgenland

Es läuft ziemlich gut für Bands, welche klassischen Metal westlicher Machart mit orientalischen Klängen folkloristischer Art und mit orientalischem Pop vermischen. Morgenland und Abendland kommen da auf ungewohnte, aber recht erfrischende und unkonventionelle Art zusammen. Neben Orphaned Land aus Israel gehören Myrath mit Wurzeln in Tunesien, in Frankreich lebend, wohl zu den bekanntesten Vertretern des sogenannten Oriental Metals.

Dass Myrath auf bestem Wege sind, sich in der Szene so richtig zu etablieren, mag man nicht nur daran ersehen, dass das Quintett schon seit längerem rege und mit Erfolg tourt – auch in Deutschland – und in den Lineups der großen Festivals 2019 wie Wacken oder Sweden Rock auftaucht, sondern dass ihr neues Album „Shehili“ das bereits fünfte Studioalbum Myraths ist. Benannt nach dem in Tunesien verwendeten Begriff für einen heißen Wüstenwind (je nach Sprache und Region auch Schirokko, Chamsim oder Samum genannt) ist es außerdem ein sehr gutes Album!

Woher der musikalische Wind weht

Woher der musikalische Wind weht, macht das Intro sofort deutlich: Flöte und arabischer Gesang eines Muezzin gleich weisen den Weg für die kommenden elf Lieder. Schon im ersten Titel „Born to survive“ widmen sich Gitarre, Bass, Keyboards und Schlagzeug melodischem Metal mit leicht progressivem Einschlag, Ney (Flöte), Darbouka (Trommel) und ganz viel Violine sorgen für orientalische Klänge. Der Gesang von Zaher Zorgati ist nicht nur äußerst melodisch und ohne knurrige Härte, er weist außerdem einen sehr symphonischen Charakter auf – fast so, wie es einst Ronnie James Dio praktizierte.

Myrath

Auch in „You’ve lost yourself“ gesellen sich zu progressivem Metal-Gitarrenspiel Trommel und Violine, generieren einmal mehr ein stil- und kulturübergreifendes Zusammenspiel. Wie schon im Opener zu hören, so punktet Gitarrist Malek Ben Arbia mit feiner Solokunst. Noch ein wenig mehr in Richtung progressiven Rocks schwenken „Wicked Dice“ und „Monster in my Closet“ ein – vor allem das Monster im Wandschrank verbindet grandios den Stil des progressiven Metals samt unkonventioneller Gitarrenarbeit mit vehement orientalischen Streicherelementen.

Mehr arabischer Gesang kommt in „Lili Twil“ zur Geltung, darüber hinaus wirkt der Titel durch groß angelegte Klavier- und Violinenpassagen sehr klassisch angehaucht – Symphonic Metal wäre hier wohl die richtige Bezeichnung. In ähnlichem Fahrwasser bewegt sich „Mersal“, auch hier zeigen sich Myrath von opulenter Seite; scheuen sich sogar nicht davor, in Richtung Poprock abzudriften. So was ist nicht unbedingt jeden Rockers Sache, kann aber sehr gut in Sachen Airplay punkten.

Wenn sich die härtere Seite wieder zeigt

Mit „Darkness arise“ kommt erneut die härtere Seite der Band hervor. Deftige Gitarrenriffs paaren sich mit eingängigen Melodieläufen, Streicher und Klavier im Hintergrund liefern Gefälliges fürs Ohr, ein schöner Soloteil mit Gitarre und Orgelsounds sticht hervor. Im Titelsong „Shehili“ bringen Myrath zum Schluss noch einmal all jene verschiedenen Bestandteile an musikalischer Vielfalt des Orients und Okzidents unter, welche den besonderen Stil der Band prägen und Myrath so von ihren Kollegen unnachahmlich unterscheidet, welche Myrath anders und besonders machen.

Bis auf einige doch etwas zu seichte und poppige Momente – „No holding back“ und „Stardust“ sind hier weit vorne – ist „Shehili“ ein sehr gelungenes Album, das die Ohren des rock- und metalgeprägten Musikfreundes für musikalische Momente fremder Kulturkreise sehr weit öffnet. Der „Blazing Desert Metal“, wie Zorgati im Interview mit Musikreviews.de den Stil Myraths bezeichnete, trifft ins Schwarze! (Foto: Nidhal Marzouk)

„Shehili“ von Myrath hat mit zwölf Liedern eine Laufzeit von 47:32 Minuten. Die Platte ist veröffentlicht bei Earmusic und wird von Edel vertrieben.

Anspieltipps: Born to survive, Monster in my Closet, Darkness arise

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