Cover von Suedes Autofiction

„Autofiction“ von Suede ist viel, viel mehr als bloß Britpop

Wo ist er bloß abgeblieben, der Britpop? Viele seiner Protagonisten – mit Oasis die wohl berühmtesten – haben sich im Strudel der Musikhistorie verloren. Dennoch ist die Musikbewegung, welche in den 90er Jahren in aller Munde und noch mehr Ohren war, keinesfalls selbst Historie. Dafür sorgen eine Menge von Bands, die sich jenes gitarrenlastigen Poprocks nach über 30 Jahren des Aufkommens des Genres annehmen.

Suede tun dies auch. Nicht nur das: die Londoner sind für viele Musikliebhaber und -kritiker quasi der Inbegriff von Britpop, werden als Pionieres des Genres gehandelt. Und sie sind recht rege. Nach zwischenzeitlichem Pausieren schreiben Sänger Brett Anderson und seine Kumpels immer noch reichlich neue Songs, sind auf Tour, veröffentlichen neue Studioalben. Mit „Autofiction“ nun das neunte.

Es ist kein Punkalbum

Suede, Bandfoto in FarbeUnd dessen Songs sind viel, viel mehr als nur „profaner“ Britpop; sie decken eine sehr große Bandbreite von britischer Rockmusik ab, wie sie in der Postpunk-Ära gang und gäbe war. Genau das, das Mosaik vieler Genres, macht „Autofiction“ zu einem sehr abwechslungsreichen, zu einem sehr, sehr guten Album. Was es allerdings nicht ist: Es ist kein Punkalbum, selbst wenn Anderson dies im Vorfeld der Veröffentlichung von sich gab.

Ist es nicht eine wunderbare Geste eines Rockmusikers, wenn er seiner Mutter huldigt? So nämlich tut es Anderson im Opener und dem bereits vorab veröffentlichten „She still leads me on“. Eine kleine Indierockhymne an jene Person, die zwar nicht mehr lebt, aber immer noch für einen da ist. Kaum weniger mitreißend das folgende „Personality Disorder“, das mit Sprechgesang und einer elektrisierenden Gitarrenhookline zwei exzellente Alleinstellungsmerkmale aufweist.

Innere Ruhe stellt sich ein

Suede in einem HinterhofMit Waverock kokettieren Suede im ebenfalls vorab veröffentlichten „15 again“. In eine sehr ähnliche Kerbe schlägt „Shadow Self“, welchem man durchaus einen Hauch Gothic-Rock attestieren darf. Darf es denn nun endlich doch mal ein bisschen Britpop sein? Ja, „The only Way I can love you“ kommt dieser Nachfrage absolut entgegen. Einen erhabenen und zugleich tiefgründigen Moment beschert dem Hörer die Ballade „Drive myself home“ – da hat man doch wirklich das Gefühl, dass sich innere Ruhe einstellt.

Mehr Dynamik präsentieren uns Suede mit der zweiten Ballade: „What am I without you“. Ruhige Momente darin lässt die Band sich zu einer Art Grandezza entwickeln. Fast schon wie ein musikalischer Höhepunkt am Ende des Albums ist das grandiose und wirklich fesselnde „Turn off your Brain and yell“. Wer sich hier an die großartigen Songs von The Chameleons erinnert fühlt, der darf dies ganz ohne schlechtes Gewissen tun. Mit „Autofiction“ ist Suede ein außergewöhnlich gutes Album gelungen, das Britpop weit hinter sich lässt. (Fotos: Dan Chalkley)

„Autofiction“ von Suede hat mit elf Songs eine Laufzeit von 45:32 Minuten. Das Album ist veröffenlicht auf BMG.

Anspieltipps: She still leads me on, Personality Disorder, Shadow self, Turn off your Brain and yell

www.suede.co.uk

www.facebook.com/suede

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