Wenn man seit über vier Dekaden erfolgreich Rockmusik macht, auf extrem loyale Fans bauen kann, Konzerthallen mit 4.000 Zuschauern ruckzuck ausverkauft und eine äußerst gute Reputation in der alternativen Musikszene genießt, dann hat man verdammt viel richtig gemacht. So wie New Model Army (NMA). Die Nordbriten sind immer noch glänzend im Musikgeschäft, sind anscheinend unkaputtbar. Und so – zumindest sehr ähnlich – heißt auch das neue Album von NMA: „Unbroken“.
Wenn das Label über „Unbroken“ schreibt, dass dies eines der „besten Alben ihrer langen Karriere“ sei, dann können wir dem nicht voll und ganz zustimmen. Zwar präsentiert Studioalbum Nummer 16 sehr gelungen die musikalischen und kompositorischen Qualitäten NMAs, es klingt ganz und gar wie aus einem Guss. Doch strahlende Höhepunkte an Songs, welche zum Beispiel Titel wie „My Country“, 51st State“ oder „White Coats“ darstellen, weist „Unbroken“ nicht auf. Dazu ist es halt zu sehr aus einem Guss – hoher Level der Songs, doch keine Speerspitzen.
Knackiger Bass, präsentes Schlagzeug
Sehr wohl zustimmen können wir der Aussage, dass „Unbroken“ „ein besonderes Augenmerk auf das rhythmische Zusammenspiel zwischen Bass und Schlagzeug“ setzt. Ceri Mongers wirklich sehr knackiger Bass blitzt immer wieder als enorm starkes Element in den Songs hervor. NMA gönnen dem Bassspiel viel mehr Raum und Bedeutung, als es viele ihrer Kollegen machen. Und das präsente Schlagzeugspiel Michael Deans geht bei weitem über profane Rhythmusarbeit im Hintergrund hinaus. Die beiden Musiker sind eine echte Bank, und das keineswegs nur im Hintergund.
Um „Unbroken“ besser zu entdecken, besser auf sich wirken lassen zu können, muss man sich schon einige Umdrehungen der CD gönnen. Je häufiger man sich die Scheibe anhört, desto mehr offenbaren sich die Qualitäten des Albums. Was der ein oder andere NMA-Fan der alten Stunde vielleicht vermisst – Songs mit fettem und lauten Bums – das wird er in der sich langsam aufbauenden Wirkung der Platte schätzen lernen. Jenseits jedweder Kritik sind mal wieder die Texte Justin Sullivans: Worte voller Poesie, Worte voller Zorn, Worte gegen die Ungerechtigkeit, Worte voller Drohungen an die allzu große Macht einiger Weniger in dieser unseren verrückten Welt.
Ein „angry old man“
Die Qualität der lyrischen Arbeit Sullivans ist auch nach vierzig Jahren Banddasein immer noch auf einem extrem hohen Level. Wenn einer kein Blatt vor den Mund nimmt, dann der fast 68-jährige Frontmann der Politfolkrocker mit Punkattitüde aus Bradford. Und das ist dann weit, weit weg von allzu großer Vaterlandsliebe: „Wenn ich noch einmal einen verdammten Union Jack auf Anordnung der Regierung wehen sehen muss, dann macht mich das krank!“ So hört sich Sullivan in seiner Rolle als ein „angry old man“ an.
„Unbroken“ von New Model Army hat mit elf Songs eine Spielzeit von 45:22 Minuten. Das Album ist erschienen auf dem Label Earmusic und im Vertrieb von Edel Records. (Fotos: Tina Korhonen)
Anspieltipps: First Summer after, I did nothing wrong, Coming or going, Do you really want to go there?