Wenn Not am Mann ist – an Batman vielmehr – dann sendet die Polizei von Gotham City das Batsignal: Scheinwerfer, die das Fledermaussymbol in den Nachthimmel strahlen, rufen den Dunklen Ritter zu Hilfe. Und wenn Not am Mann in der Welt des Rock’n’Rolls ist, dann wird Alice Cooper gerufen. Könnte man meinen, wenn man sich das Cover von Coopers Album „Detroit Stories“ betrachtet. Denn darauf wird mit Hilfe zweier Scheinwerfer die Silhouette von Coopers kajalumrandeten Augen in einer dunklen Stadt in den Nachthimmel geworfen.
Und der Schockrocker eilt zu Hilfe, macht sich daran, in die weite Welt der unglaublichen Genrevielfalt und des Genrewischiwaschis der Rockmusik eine halbwegs klare Linie zu bringen. Mit jener Rockmusik nämlich, die er zu Anfang und in der Mitte der 70er Jahre in seiner Heimatstadt am Eriesee verortet. Denn Detroit, die „Motor City“, laut Kiss auch als die „Rock City“ bekannt, glänzte einst mit einer sehr lebendigen und griffigen Szene des Rocks der härteren Gangart.
Harte Arbeit, harte Musik
Die war laut Cooper so ganz anders als in anderen amerikanischen Musikmetropolen: „Los Angeles hatte einen eigenen Sound mit The Doors, Love und Buffalo Springfield”, sagt Cooper. „In San Francisco gab es The Grateful Dead und Jefferson Airplane. In New York The Rascals und The Velvet Underground. Aber in Detroit wurde wütender Hardrock geboren.“ Dort, wo hart gearbeitet wird, in einer Autostadt, dort wird eben auch harte Musik gemacht. Und das ohne allzu viele und unnütze Experimente.
Unnütze Experimente findet man auf „Detroit Stories“ ebenfalls nicht. Cooper packt darauf die traditionellen Varianten des Rocks aus. Jene, die es bereits vor Jahrzehnten zu Ruhm und Erfolg brachten: Als da sind Rock’n’Roll („Go Man go“), Boogierock („Sister Anne“), Hardrock („Social Debris“), Bluesrock („Drunk in Love“). Ja sogar auf Soul und Funk wirft er Auge („$1.000 High Heels Shoes“).
Erfrischend zeitlos
Ja, das ist in der Tat die eher traditionelle Abteilung der Rockmusik. So wie man es von Cooper gewohnt ist. Piefig ist’s deswegen aber in keiner Weise – never! Denn der 73-Jährige lässt zusammen mit seinen Mitmusikern jeden Song, einfach alles, niemals altbacken klingen, sondern erfrischend zeitlos. Hätteste so nämlich damals hören können, kannste so nämlich auch noch in 20 Jahren hören, ohne irgendeine Alterserscheinung festzustellen.
Ein bisschen „moderner“ gibt es allerdings auch: „Hanging On By A Thread“, welches sich Inhaltlich verzweifelten Menschen widmet, versucht, ihnen Trost zuzusprechen, könnte so im Repertoire einer jeden jungen und hippen Alternativerockband auftauchen. Hey, Alice – mit „Detroit Stories“ magst Du vielleicht nicht unbedingt der strahlende Ritter und Retter des Rocks sein, mit „Detroit Stories“ eilst Du dem Rock jedoch tatsächlich zu Hilfe, indem Du einfach seine Zeitlosigkeit betonst. (Fotos: Jenny Risher)
„Detroit Stories“ von Alice Cooper hat mit 15 Songs eine Laufzeit von 50:19 Minuten. Erschienen ist das Album auf dem Label Earmusic und wird von Edel vertrieben.
Anspieltipps: Rock & Roll (Velvet-Underground-Cover), $1.000 High Heels Shoes, Detroit City 2021, Hanging on by a Thread (Don’t give up)