Sequencer starten und schicken elektronische Beats ins Rennen, ein Schlagzeug setzt ein und treibt tanzbare Rhythmen voran – ist „Heart of Crime“ etwa ein bislang unbekanntes Werk aus dem Hause Deutsch-Amerikanische Freundschaft, kurz DAF? Nein, denn spätestens wenn der Gesang einsetzt, wird man gewahr, dass es sich hier nicht um die deutschen Elektrogrößen handelt. Die flüsternde Baritonstimme nämlich gehört Ryan Patterson, dem Multiinstrumentalisten, Mastermind und dem einzigen Mitglied des Musikprojektes Fotocrime.
Patterson hat sich mit Fotocrime und dem aktuellen Album „Heart of Crime“ einmal mehr tief in die 80er Jahre gestürzt und huldigt vehement dem Post-Punk, dunklen Wave-, dem Elektrorock und -Pop sowie den sonstigen synthesizergetriebenen Genres, welche die Musikszene vor 40 Jahren auffrischten. All jene, die solche Musik vor Dekaden bereits goutierten, werden sich an den Reminiszenzen des Mannes aus Louisville, Kentucky, erfreuen.
Erfreuen und Wiederentdecken
Erfreuen ist das eine, Wiederentdecken von Klängen und Soundelementen ist das andere: Da blitzen in „Electric Cafe“ die Drummachine Doktor Avalanche und die Sisters of Mercy durch, „Electric Prey“ lässt Gedanken an New Order aufploppen, ab und an werden Erinnerungen an The Chameleons oder House of Love wach. Bei allen Versatzstücken beliebter und geliebter Töne und Melodien von Bands, die ihre Hochzeit hinter sich haben, ist Fotocrimes „Heart of Crime“ allerdings deutlich mehr als eine Art Best of des Post-Punks: Es ist wie eine Verbeugung vor musikalischen Themen, die es ob ihrer einstigen Novität auch in der Jetztzeit wertzuschätzen gilt. Welche auch, laut Patterson selbst, den Poprock Amerikas der 50er und 60er Jahre nicht ausschließt.
„Meiner Meinung nach ist Fotocrime ein Treffpunkt zwischen dem Europa des Kalten Krieges und dem Americana aus der Mitte des Jahrhunderts“, sagt Patterson: „DAF trifft Roy Orbison, Portishead trifft Ricky Nelson.“ Bei seiner Verbeugung ließ sich Patterson von niemandem reinreden. Nicht nur der Gesang, der hin und wieder gar an Leonard Cohen erinnert, auch alle Instrumente gehen auf seine Kappe. Außerdem sind die Aufnahme und die Produktion sein Solowerk. Alles in allem eine sehr gelungene Sache! (Foto: Amber Thieneman)
Fotocrimes „Heart of Crime“ hat mit elf Songs eine Laufzeit von 39:38 Minuten. Die Platte ist erschienen auf dem Label Profound Lore.
Anspieltipps: Heart of Crime, Zoë Rising, Skinned Alive